Der Weg zum Glück

Norman Vincent Peale, verstorben 1993, war bekannt als der Vorreiter für die “Positiv Denken”-Bewegung. Allerdings hat sein Weg zum Glück einige Tücken.

Von Peale stammt das folgende Zitat:

Halte dein Herz frei von Angst und Sorge.
Lebe einfach, erwarte wenig, gib viel.
Erfülle dein Leben mit Liebe, verbreite Fröhlichkeit.
Vergiss dich selber, denke an andere.
Sei so, wie du es von anderen wünschst.

Mich hatten diese Worte so beeindruckt, dass ich mir Aufkleber damit ausdruckte, mit dem Vorhaben diese überall anzubringen. Letztens hatte ich wieder so einen Bogen von Stickern in der Hand, als ich mein Drucker-Verbrauchsmaterial sichtete.

Dies und die jüngsten Ereignisse veranlassten mich einmal darüber zu reflektieren, ob diese Sätze einen positiven Effekt in meinem Leben hatten. In Gesprächen mit Freunden wurde mir klar, dass ich oft zu viel darüber nachdachte, wie ich anderen Menschen aus der Patsche helfen kann und zu wenig darüber, wie ich meine eigene Situation verbessern kann. Eigentlich fehlt es mir an einer Portion “gesunden Egoismus”.

Die Kunst im Leben ist wohl, Freundschaften zu schliessen ohne dass man auch noch die Lasten der Anderen selbst auch noch schultert. Unsere Gesellschaft basiert leider auf einem Wirtschaftssystem, bei dem nur die Differenz zwischen Einkommen und Auskommen zählt.

So sehr ich mir das wünschen würde, ich werde das nicht ändern können. Ich muss genauso wie alle anderen genug Geld jedes Monat einspielen, dass sich alle meine Fixkosten bezahlen lassen. Ohne Essen oder irgendwelche Vergnügungen sind das 3200 Euro. Dies inkludiert auch meine Steuern und Sozialabgaben.

Peale hat Geld mit keinem Atemzug erwähnt. Dennoch regiert es unsere Welt. Wie kann man sein Herz frei von Angst und Sorge halten, wenn die Möglichkeit besteht dass man seinen Verpflichtungen eines Tages nicht nachkommen kann?

Vielleicht trifft hier der zweite Satz zu: wenn man einfach lebt, dann kostet das auch wenig. Viel zu geben kann dann aber auch keine Geld-Spenden bedeuten, sondern ausschliesslich zwischenmenschliches wie Liebe, Rat und Kommunikation. Diese sind ja sowieso unbezahlbar.

Noch eine Kunst steckt hier in den Worten: wie kann man offen und hilfreich sein, ohne dass es Geld kostet? Geld ist die bequeme Antwort, wenn man viel davon hat. Aber wenn man sein Kapital zusammenhalten muss, dann ist es eine Herausforderung für die Kreativität, wie man einen Beitrag zu besseren Freundschaften leisten kann, ohne dass es einen ruiniert.

Peale spricht von Liebe und Fröhlichkeit. Und die wichtigste, aus der alle anderen Formen entspringen, ist die zu einem Selbst. Mag ich mich? Wirklich? Gut genug, meine Seele und meinen Körper zu respektieren und ihnen etwas Gutes zu tun? 

Wenn sich einer in seiner Haut wohl fühlt, dann ist es auch leicht fröhlich zu sein. Unter Schmerzen fröhlich zu sein kauft einem keiner ab, weil es nicht authentisch wirkt. Der erste Schritt muss jedenfalls sein, seine eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen. Dann sollte es wesentlich einfach sein, nach Aussen liebevoll und fröhlich zu sein.

Bei Peale klingt das so einfach: Du brauchst Dich nur selbst vergessen und alles wird gut. In der Praxis ist dies aber ein fortwährender Prozess. Phasenweise muss man sich immer wieder mit sich selbst befassen, sich um sich selbst kümmern, sich stärken, sich heilen. Aus der starken Mitte heraus entspringt dann wieder die Lieben und Kraft, die man dann mit der Welt teilen kann.

Mein Fazit ist, dass eine gesunde Portion Egoismus und Selbst-Liebe die Basis für ein glückliches Leben darstellen. Selbstaufgabe um der Liebe willen klingt zwar gut in romantischen Filmen oder Religionen, aber funktioniert in Praxis nur bedingt. Man kann das Selbst nur temporär “aufgeben” und auch nur dann wenn man sicher sein kann, dass es eine gewisse Zeit ohne besondere Beachtung auskommt.

Die hohe Schule des Glücks ist nicht absolut, sondern ein stetes Pendeln zwischen Liebe für einen selbst und Liebe für seine Nächsten.

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