Video Disk Recorder

Was nehmen, wenn nicht stehlen?

Ich habe gestern meinen unseren Linux Media PC neu eingerichtet, insbesondere, weil ich das selbst können möchte um nicht auf externe Genies angewiesen zu sein. “Können” heißt bei mir auch: “souverän und in unter einer Stunde”, damit wir rechtzeitig einen entspannten Abend haben können.

Zur Erinnerung an die Hardware: ich habe einen Shuttle Barebone mit Athlon XP CPU, eine “full-featured” Technotrend DVB-S Karte mit SCART-Anschluss und Fernbedienung, eine passiv gekühlte alte NVIDIA Grafikkarte und natürlich ein DVD-Laufwerk.

Unter Linux gibt es eine Vielzahl an Hobby-Projekten für den TV-Empfang, die alle unterschiedliche Zielsetzungen haben. Die beiden größten sind VDR (Video Disk Recorder) und MythTV. VDR ist sehr leichtgewichtig und primär gedacht TV-Karten mit eingebautem MPEG-Decoder-Chip zu verwenden. MythTV zielt eher auf die Verwaltung der digitalen Medien ab und bietet eine schöne grafische Oberfläche. VDR fühlt sich in der Bedienung sehr wie eine herkömmliche Settop-Box an und obendrein hatte ich schon erste Erfahrungen damit gesammelt, weshalb ich mich auch dieses mal für VDR entschied.

Und jetzt nochmal mit Gefühl …

Einmal schon hatte ich neugierig am bestehenden System herumgebastelt und damit einen Sonntag vergeudet, weil ich erst etwas kaputt gebessert hatte und danach Stunden brauchte um wieder einen funktionierenden Zustand herzustellen. Meine Lehre daraus war, Experimente an funktionierenden Systemen zu unterlassen und stattdessen eine neue Festplatte zu verwenden.

Ich hatte mir die größte IDE-Festplatte gekauft, die ich finden konnte. Das waren 500 GB für 100 EUR, genug Platz für etwa 200 Stunden aufgezeichnete Fernsehsendungen in SAT-Qualität. Der erste Schritt war, die andere Platte durch diese zu ersetzen.

Es gibt nicht nur ein Linux, sondern eine Vielzahl an Dialekten, die in noch einer größeren Anzahl an verschiedenen Distributionen zu haben sind. Für Linux-Anfänger mit Media-Center-Ambitionen ist es am einfachsten die Variante C’T VDR 6.1herunterzuladen und zu brennen. Das gleichnamige Computermagazin hat hier tolle Arbeit geleistet, nicht nur bekommt man ein windschnittiges Linux, auch sind auf der Installations-CD alle nötigen Treiber, Pakete und VDR selbst enthalten. Der Installationsvorgang ist schnell und intelligent, der User muss nur so einfache Frage wie gewünschter Computername oder Administrator-Passwort beantworten.

Während der Installation empfiehlt es sich den PC an ein Netzwerk anzustecken, damit der Installer auf eventuell aktualisierte Pakete zugreifen kann. Tatsächlich änderte sich der Versionsnummer während der Einrichtung von 6.1.2 auf 6.1.3, die aktive Entwicklungs-Community hat offenbar schon wieder Fehler ausgebessert. Für den laufenden Betrieb ist kein Netz nötig, weil die Programminformation direkt aus dem Strom der Fernsehdaten genomen wird, es sei denn man will im Betrieb auf seine Box zugreifen.

Die Kanalinformation ist in der Datei channels.conf enthalten und bietet eine gute anfängliche Kanalliste. Ich brauchte nur das Gerät nach der Software-Installation nur an die SAT-Antenne anstecken und starten, schon hatte ich ein Fernsehbild über SCART. Um die Kanalliste zu vervollständigen führte ich mit einem weiteren Plugin eine Kanalsuche aus. Richtige Profis hätte hier vermutlich dvbscan verwendet. Man kann die Reihenfolge der Kanäle zwar händisch in der Kanalliste ändern, aber ich nahm dann doch einen Editor zu Hilfe um die interessanten Kanäle nach vorne zu reihen.

Was noch nicht ging, war die Fernbedienung. Bei den meisten TV-Karten wird ein Infrarot-Empfänger samt Fernbedinung mitgeliefert. Das Kabel des Empfängers steckt man auf der TV-Karte mit einem Klinkenstecker an und das Infrarot-Auge befestigt man an einer Stelle an der der Infrarot-Strahl der Fernbedienung ihn erreicht. Um diese Geräte verwenden zu können installiert man das VDR Plugin “remote”, welches man in den erweiterten Optionen des Installers auswählen kann.

Das Remote Plugin verwendet remote.config um die Zuordnung von Tasten zu Befehlen zu speichern. Wenn man diese Datei löscht und dann VDR startet, dann meldet sich das Plugin zum Anlernen der Fernbedienung. Wichtig ist hier, dass VDR nicht läuft, wenn man die Datei löscht, denn wenn man VDR schließt, schreibt das Plugin die aktuelle Konfiguration in besagte Datei.

Zur Verschönerung der Oberfläche nützte ich noch das Plugin text2skin und die Skin Elchi, die im Informationsbalken nette kleine Sender-Logos einblenden kann. In der Vielzahl der verfügbaren Plugins muss man durch Ausprobieren jene heraussuchen, die einem am besten gefallen. So gibt es zum Beispiel mehr als 4 verschiedene Arten, wie man die elektronische Programmzeitschrift (EPG – electronic program guide) angezeigt bekommen kann.

NVIDIA hat die besten Grafikkarten für Linux Media-PCs

Hier ist man im Prinzip fertig, es sei denn man hat keinen MPEG-Decoder auf seiner TV-Karte. Ohne diesen muss die CPU den komprimierten Fernsehdatenstrom auf anzeigbare Bilder umrechnen, was für moderne Prozessoren auch keine Hexerei mehr ist. Ein weiterer guter Grund für diese Methode ist auch, wenn man das TV-Bild auf HDTV hochrechnen lassen möchte um es beispielsweise digital über VGA oder DVI bzw. HDMI an seinen Flachbildfernseher zu schicken.

Die Verwaltung der Darstellung übernimmt dann statt der TV-Karte der XServer:

apt-get install xserver-xorg

Man benötigt eine Grafikkarte, die in der Lage ist, das Fernsehbild schnell genug darzustellen. Unter Linux gibt es für mich nur NVIDIA, die das Linux-Volk mit performanten und leicht zu installierenden Treibern verwöhnen. AMD ATI probiert das zwar auch, aber es ist vergleichsweise wesentlich komplizierter den proprietären Treiber von ATI zum Laufen zu bekommen.

Man hat zwar die Möglichkeit den open source Treiber für nVidia zu verwenden (“nv” in xorg.conf), aber der optimierte Treiber von nVidia ist schnell heruntergeladen und kompiliert. Die nötigen Voraussetzungen holt man sich so:

apt-get install binutils build-essential linux-headers-`uname -r` pkg-config xserver-xorg-dev

Dann braucht man nur noch das von NVIDIA heruntergeladene Paket ausführen und schon baut es einem ein Kernel-Modul und den Treiber. Am Ende fragt einen das Programm auch noch, ob die xorg.conf angepasst werden soll. Das kann man mit einem freudigen “Ja!” beantworten und dann den PC neu starten, damit das neue Kernel-Modul zur Boot-Zeit geladen werden kann.

Digitale Ausgabe für DVB-S lässt zu wünschen übrig

Die nötigen Komponenten für Ausgabe auf VGA sind schnell installiert:

apt-get install xorg xineliboutput-sxfe

Hat man das VDR Plugin xineliboutput laufen, dann braucht es nur folgenden Befehl um die Ausgabe auf VGA umzuleiten:

xinit -e vdr-sxfe -f xvdr:tcp://localhost --fullscreen

Ich habe das kurz ausprobiert und tatsächlich sah ich das Fernsehbild über VGA. Es war aber grauslich viel schlechter als das analoge Bild über SCART. Die Ausgabe war voller optischer Artefakte und hatte Zeilensprünge. Der Grund für den dramatischen Unterschied ist, dass unser toller neuer TFT-Fe
rnseher innerlich viel Aufwand betreibt um das analoge Signal von Zeilensprung auf ganze Bilder zu bringen und obendrein die Auflösung auf die des Panels mit 1366*768 zu vergrößern.

Da lernt man erst die Technologie zu schätzen, die in seinem Fernseher steckt. Aktuell ist meine Erkenntnis, dass sich digitale Bildübertragung (VGA, DVI, HDMI) nur dann auszahlt, wenn die Bildquelle eine HDTV-Auflösung liefert.

Fortsetzung folgt zur nächsten Bastelstunde.

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