Als ich vor 2 Wochen mein Motorrad übernahm, sah ich es noch als gutes Omen, dass der diesjährige Toy-Run unmittelbar bevor stand. Ist dieser Ausflug doch das Groß-Ereignis der heimischen Biker-Szene. Dieses Jahr profitierte das Kinderheim Hinterbrühl von einem großen Berg neuer Spielsachen, Kuschel-Tiere und der großen Spendenfreue. Mitzufahren kostete pro Maschine mindestens 10 EUR, aber die meisten Biker gaben gerne mehr.
Neben dem besonderen karitativen Charakter, gilt der Toy-Run auch als Härtetest für Mensch und Material. Kilometerlanges Kolonnen-fahren in der Hitze ist nicht nur körperlich sehr anstrengend, viele Motorräder laufen innerlich sehr Heiß, wenn nicht ein anständiger Fahrtwind für Kühlung sorgt.
Die Strecke führte durch herrliche österreichische Landschaft über das Marchfeld, kreuzte bei Hainburg die Donau, ging am Flugplatz Spitzerberg vorbei über die Weinstrasse und dann wieder in westlicher Richtung nach Hinterbrühl.
Nach 80 Kilometern dachte ich mir zum ersten Mal “hoffentlich ist es nicht mehr weit, langsam bin ich etwas verspannt”. Und kurz vor der Grenze zum Burgenland, in einem verschlafenen Ort, dessen Name an Hintertupfing erinnert, plötzlich Motor aus. Ich versuche den Starter, nichts. Keine Lämpchen leuchten mehr. Ich schiebe an den Straßenrand, sehr plötzlich wieder ein Lämpchen für den Ständer aufleuchten und auch das Lämpchen für Neutral. So betätige ich hoffnungsvoll erneut den Starter, es macht nur Klack. Frust. Na geeeeeh, wiessoooooo.
Der nächste Gedanke der mir kommt ist, dass wir es am Tag zuvor wohl verschrien haben.
Mir bleibt nur, auf das Ende des Konvois zu warten, wo der ÖAMTC fährt, ich winke die gelben Engel zu mir, welche sofort über mein Bike herfallen. 2 Batteriepacks ändern nichts, es ist doch nicht die Batterie. Der Fehler ist nicht zu beheben, irgendwas hat sich verhängt. So wird das kraftlose Kraft-Rad auf einen Anhänger gepackt und zum Stützpunkt in Baden abtransportiert.
Der Transport von Baden nach Wien kostet mich 65 EUR, der ÖAMTC Schutz-Brief (kostet 31 EUR) hätte das bezahlt. Und die Woche davor hatte ich den Erlag-Schein dafür schon wieder in der Post, habe es aber als “brauch ich nicht” beiseite gewischt.
Einer der ÖAMTC Biker nahm mich bis zur nächsten Tankstelle mit, wo zufällig ein alleine fahrender Nachzügler gerade noch Kaffee trank. Als wir uns beide als Oliver vorstellten, war die erste Gemeinsamkeit (“Der Name bürgt für Qualität”) gefunden und so schaffte ich es auf dem Sozius einer 600 ccm Maschine doch noch ins Toy-Run Ziel. Ich war sehr erleichtert und sehr froh, die Frosch-Position, die ich auf dem hohen Rücksitz einnehmen musste, etwas pausieren zu können. Der permanente Liegestütz auf dem Tank ließ meinen Bizeps brennen.
Kurzweiliger Stress erzeugte die Situation, dass ich beim Aufladen des Bikes meinen Wohnungsschlüssel im Tank Rucksack vergessen hatte, der sich im Kofferraum des ÖAMTC Autos befand. Aber als dieses Fahrzeit einige Stunden später dann in Hinterbrühl eintraf hatte ich bereits über die ÖAMTC Zentrale Kontakt hergestellt und konnte aufatmen, als ich meine Tasche samt Schlüssel bekam. Irgendwie scheint mir so was in letzter Zeit öfters zu passieren.
Mein Motorrad hatten sie in Baden zwischen gelagert, weil mehrere weitere Bikes auch noch liegen geblieben waren. So bin ich wenigstens nicht der einzige Pechvogel. Obendrein gab es noch eine handvoll kleinerer Unfälle, Stürze und Hitze-Schläge, die die Sanitäter beschäftigten. Solange nur Material nicht mitspielt, ist es halb so schlimm. Das lässt sich mit Geld richten, auch wenn das zunächst Frust erzeugt.
Der Gründer des Toy-Run ließ uns zunächst eine Schweigeminute zu Ehren der Biker, die nicht mehr nach Hause kamen, halten. Später lobte ein wichtiger (keine Ahnung, wer das war) Politiker die Motorradfahrer in den Himmel als rücksichtsvoll und umweltbewußt. Das war dann schon etwas sehr kitschig, hingegen waren die Vorführungen der verschiedenen Altersklassen von Waisenkindern ganz nett anzusehen. Dass diverse Leute immer wieder für die Großzügigkeit der Biker dankten bekam ich nur mit einem Ohr mit, während ich mich stundenlang für Essen anstellte.
Wir freuten uns über strahlenden Sonnenschein und strahlende Kinder-Augen. Die Beträge, die durch die Toy-Run Spenden zustande kommen ermöglichen es vielen Kindern ungewöhnliche Erlebnisse zu haben. Von Ausflügen bis hin zu Segel-Törns reicht das Spektrum. Da bekommt man richtig das Gefühl, man wäre ein Vorbild für die Gesellschaft.
Kurz bevor sich die Massen wieder Richtung Wien in Gang setzten, machten die zwei Olivers ihren Abgang und wenig später hüpfte ich beim Gasometer vom Bike meines Retters.