Die Dechant-Lacke ist ein Natur-Idyll inmitten des Nationalparks, welcher sich nördöstlich an Wien anschmiegt. An schönen Wochenend-Tagen wie heute zieht es viele Leute mit freier Körperkultur an den versteckten Klein-See voller Grundwasser um sich dort zu Sonnen, zu Lesen oder mit ebenso offenherzigen Menschen zu palavern. Jüngst hatte das Magistrat die Anzahl verfügbarer Auto-Parkplätze drastisch reduziert, wodurch vielleicht wieder mehr “Alternative” ihren Weg auf dem Fahrrad an diesen schönen Ort finden. Oder Leute wie mich selbst, die mit ihrem Motorrad immer leicht einen Parkplatz finden.
Ein Salat und das zweite Jude Deveraux Buch in Folge waren meine Begleiter, aber alsbald kaufte ich Mango-Lassi, Mineralwasser, Kaffee und Kuchen bei den vorbeiziehenden Verkäufern ein. Während ich etwas mehr als 100 Seiten des Liebesromans verschlang, versuchte ich die Bräune meines bleichen Hinterteils an den Farbton meines restlichen Körpers anzupassen. Mein Hintern ist hier etwas hintern-her.
Flach ins Wasser führende Stellen laden ein, sich mit etwas Pritscheln Abkühlung zu verschaffen, eine angenehme Erfrischung, die man regelmäßig nötig hat, wenn man sich stundenlang in der warmen Sonne aalt. Ich kann mich schwer entscheiden, wo ich lieber bin: im Krapfenwaldl-Bad oder hier. Im öffentlichen Bad werden Essen und Getränke mir nicht bis zum Handtuch geliefert.
Während ich so über romantische Liebe lese steigt in mir immer wieder der Gedanke hoch, dass es so was ja leider nur im Buch gibt. Da gibt es zwar auch ziemliche Verwicklungen bis sich die zwei Hauptfiguren endlich finden, aber im wahren Leben ist es wohl anders. In meinem Alter ist es eher so, dass die Leute keinen Sinn mehr für’s Verliebt-sein haben. Man hat sich sein Leben, seine Wohnung, seine Bedürfnisse geregelt und hat kurz gesagt sein Leben im Griff. Das Überleben ist sicher gestellt. Dieser Zustand von Kontrolle macht es aber gleichzeitig unmöglich sich einfach zu verlieben. Sich zu verlieben heißt nämlich auch, sich zu trauen ein wenig Kontrolle abzugeben und das ist ein furchteinflössender Gedanke. Tatsächlich gleichen die meisten Beziehungen eher Allianzen, die aus Vernunft geschlossen wurden.
Es singen die Black Eyed Peas: “Where is the love?”
Ich habe zu diesem Thema einige Single-Damen zwischen 20 und 30 befragt und der allen gemeinsame Grund-Tenor ist eine gewisse Resignation oder kühle Intellektualisierung. Man hätte schon gerne einen Partner, aber aus seiner Komfort-Zone heraus zugehen scheint undenkbar. Man muss ja nichts tun, weil man scheinbare Sicherheit im Freundeskreis und in den eigenen vier Wänden genießt. Frauen haben es hier überhaupt am schwersten, denn die meisten, so das Ergebnis meiner Interviews, halten sich an die gesellschaftliche Norm und erwarten, dass Männer den ersten Schritt machen müssen. Das hat zwar einerseits den Vorteil sich nie eine Blöße geben zu müssen, aber den gravierenden Nachteil, dass sie ihre Partner nur aus demjenigen Kreis auswählen können, der den Mut besitzt, den ersten Schritt zu machen.
Noch ärmer sind Damen, die zum Selbstschutz gänzlich ihre Gefühle abgeschaltet haben. Die leben eigentlich ganz normal, aber wenn ihnen ein passender Mann begegnet, dann können sie sich einfach nicht für ihn erwärmen, obwohl dies die normale Reaktion wäre. Aber das unbewusste Selbstschutz-Programm unterbindet jegliche Gefühle. Das Hirn findet dann rationelle Gründe was sie am Mann gestört hat. Dieser Zustand ist deswegen der schlimmste, weil sich die Lösung dem bewussten Intellekt verschließt.
Schlimm. Na da lobe ich mir ab und an die Lektüre eines guten Liebesromans. So etwas weckt in einem immer wieder die Hoffnung, dass die Liebe auf unserem Planeten doch noch nicht gänzlich der kühlen Räson gewichen ist.