Mein Seminar-Kollege Mark holte mich am Donnerstag Nachmittag ab und fuhr mit mir in das berühmte Beverly Center. Ich befand mich auf der Mission eine besondere Hose für meinen Bruder zu besorgen. Gleichzeitig wollte ich das Beverly Center einmal gesehen haben. Nichts besonderes, ein Shopping-Center für Mode halt.
Ich hatte in Mall beim Farmer’s Market, genannt “The Grove” auch schon nach dieser Hose, “Nine Iron Pants” von Tommy Bahama, gefragt, aber die schien kaum mehr wo geführt zu werden. Die Verkäuferin dort hatte im Computersystem nachgeschaut und mir eine Adresse genannt, die ich aber mir nicht gemerkt hatte.
Mark wusste eine zweite Filiale von Nordstrom in West-Hollywood, zu der wir nach einem unspektakulären Mittagessen, aufbrachen. Leider auch dort Fehlanzeige, aber ein erneuter Blick in das Computer-Orakel der Firma Nordstrom offenbarte, dass die einzige Filiale, die die gewünschte Hose in der gewünschte Tenor-Größe lagernd hatte, auf unserem Weg nach Passadena lag. Dort lag der finale Anlaufpunkt des Ausfluges, denn dort sollten wir ein Theaterstück ansehen.
So quälten wir uns über den Freeway ins dritte Einkaufszentrum, wo wir schlußendlich wie vorhergesagt fündig wurden. Die Verkäuferin war ungewöhnlich nett und fröhlich. Als ich anmerkte, dass ich mich ohne eine bestimmte Hose nicht in der Heimat blick lassen solle, erwiederte sie unglaublich süß, dass sie auch ein wenig Deutsch könne.
Zufällig ist sie auch Nebenerwerbsschauspielerin mit dem Künstlernamen C.B.Spencer und ist schon in einigen Fernsehproduktionen aufgetreten.
Wir kamen gerade rechtzeitig zum Beginn des Stückes ins Theater. Wir sahen “The America Play” von Sizan-Lori Parks in einer interessanten Inszenierung. Das Stück beschäftigt sich hauptsächlich damit, wie wir mit Geschichte und Idolen umgehen. Das metaphorische Beispiel ist einen schwarzer Totengräber, der so gut Abraham Lincoln nachahmen kann, dass auf Jahrmärkten Leute Pennies dafür zahlen, dass sie Abraham Lincolm in der Theaterbox erschiessen können. Ungewöhnlich ist an der Bühne, dass sie zur Gänze aus einer Art Sand aus feingeriebenen Reifenschnitzeln besteht. Dadurch können die Akteure immer wieder etwas ver– oder ausgraben. All dies und das gute Schauspiel gefiel einem Publikum von vielleicht 30 Personen, hauptsächlich Intellektuellen. Mark machte fleissig Notizen, er hatte ein seinem Theater-Direktor-Kurs den Auftrag bekommen, dieses Stück zu kritisieren.
Zum Ausklang des Abends suchten wir noch nach einer Bar zum Chillen. Wir landeten zuerst in einer Bum-Bum-Lounge, wo wir ein Getränk tranken, aber dann auf die 10 Dollar Eintritt pfiffen und doch noch in einen Nacht-Club gingen. Das war für mich auch das erste Mal in so einem typisch amerikanischenen Etablissement und diese Clubs sind nicht mit europäischen Bordellen zu vergleichen. In Kalifornien ist Prostitution ja verboten, deshalb gibt es zwei Arten von Bars, in denen weibliches Fleisch angeschaut werden kann.
Einerseits gibt es echte Strip-Clubs, wo kein Alkohol ausgeschenkt wird und dafür die Mädels sich komplett zum optischen Reiz der Männer ausziehen. Dann gibt es sogenannte Bikini-Bars, wo zwar auch Mädels auf einem zentralen Laufsteg aufreizend tanzen, aber stets mit leichter Bekleidung verhüllt. Dafür gibt es in dieser Variante auch alkoholische Getränke.
Auf die Frage, was für Mädchen in diesen Bars arbeiten, wurde mir erklärt, dass es hauptsächlich Partygirls sind, die die Aufmerksamkeit lieben und gleichzeitig das leicht verdiente Geld schätzen. Das meiste Geld wird mit “Lapdances” verdient, dabei schwingt die Dame ihr wohl verhülltes Gebein vor den Augen des Konsumenten, reibt sich an ihm und täuscht Laszivität vor. Anfassen ist verboten. Ein Dance in der Länge eines Songes kostet 25 Dollar und gegen Ende des Songs versucht die Tänzeren noch weitere Tänze zu verkaufen. Solange Geld da ist, hat man die Aufmerksamkeit. Ist das Geld weg, dann verzieht sich die Tänzerin schneller als ein lichtscheuer Vampir.
Die Bar in der wir waren hieß Cheetaas, oder so ähnlich, und zählt auch Keanu Reeves und Kiefer Sutherland zu ihren Kunden. Mir kam auch der Bouncer bekannt vor. Er war zwar nicht wirklich berühmt, aber er meinte er würde zeitweise als Double für Michael Clarke Duncan arbeiten, dem er ziemlich ähnlich sieht. Wir verließen die Bar, als diese um zwei Uhr zugesperrt wurde, ich hatte noch nie irgendwo mehr an Trinkgeld ausgegeben.