Weihnachtsgeld

Vor einigen Tagen bekam ich per Mail die frohe Botschaft dass unsere internationale Mutterfirma allen europäischen Mitarbeitern 100 EUR Weihnachtsbonus schenkt. Diese werden mit dem Dezember-Gehalt zur Auszahlung gelangen. Coole Sache!

Ein goldenes Finanzjahr geht zu Ende. Am 19. Dezember hatte die Wiener Börse den höchsten Stand der ihrer Geschichte erreicht: 4465,02 Punkte. Wer die richtigen Aktien im Depot hatte, bei dem klingelten Kasse und Weihnachtsglocken um die Wette.

Wie zu erwarten haben die christlichen Amerikaner vor ihrem wichtigsten Glaubensfest keinen neuen Krieg angezettelt und so konnte der Schweizer Franken, der bei Gefahr im Verzug immer steigt,  weiter abrutschen. Das ist das Weihnachtsgeschenk an alle, die ihre Kredite in CHF laufen haben. Jemand mit 100.000 EUR Kredit vor einem Jahr schuldet seiner Bank jetzt nur mehr 97.000 EUR.

Ich bekam einen Anruf von meinem Cousin mit der ungewöhnlichen Frage, ob er meine Telefonnummer an eine Bankfrau aus Zürich weitergeben dürfe. Ich gestattete es und wenige Minuten später kam der Anruf aus Zürich.

Ich wurde diverse Dinge über meine verstorbene Mutter gefragt und als ich befriedigend Auskunft gegeben hatte, wurde mir offenbart, dass ein Sparbuch meiner Mutter aufgetaucht sei, das nach einem neuen Zuhause suchen würde.

Der Wasserfall von schweizer Fränkli, der sich vor meinen Augen gebildet hatte, wurde jäh zum versiegen gebracht, als mir die gute Bankangestellte sagte “Viel ist es nicht. Es sind nur rund 300 EUR”.

Ich sollte ihr die Kopien von Erbbescheinigung, Reisepäßen und Bankdaten schicken, damit sie mir das überweisen könne, aber bei dem Gedanken solche Informationen herumzuschicken wurde mir leicht unwohl. Mein Bruder und ich beschlossen, das bei unserem nächsten Besuch in Zürich zu erledigen. Bis dahin ist das Sparbuch sicher und mit berauschenden 0,5% verzinst.

Bekanntlicherweise bringt die Weihnachtszeit  den großten Anteil des Jahresumsatzes vieler Geschäfte, weshalb es fatal wäre gegen den Weihnachtskonsum zu wettern. Das ist ein Nebeneffekt des Wirtschaftssystems, das wir uns für unsere Zivilisation ausgesucht haben. Ich wünsche den Leuten, die heute noch Geschenke kaufen müssen viel Glück, denn viele beliebte Geschenke sind längst ausverkauft.

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