Dicke weiße Schneeflocken wehten vor dem Fenster, als ich mich nach einer unruhigen Nacht aus dem Bett räckelte. Einige SMS während meiner Rufbereitschaft erforderten meine Aufmerksamkeit, ein lästiges, aber gut bezahltes Los. Das Dach des Kindertagesheims ist schon kräftig angezuckert, jetzt ist die Kälte nach den unnatürlich global erwärmten Tagen endlich da, und für einige Autofahrer wird dies sicher zu ihrer privaten Klimakatastrophe werden.
Schicksalsschläge der menschlichen Art begegneten Amanweth und mir am Wochenende, als wir Schönbrunn besuchten. Zunächst fanden wir einen Auftakt bei kaiserlich-kulinarischen Genüssen. Dann wollte erst das neue Labyrinth sehen, aber das sperrt erst im April wieder auf. So begaben wir uns auf die selbst-geführte Audio-Tour, bei der man in rund einer Stunde durch die prachtvollen Räume des Schlosses wandelt und in einer Art Telefon-Hörer interessante Details aus dem Leben der kaiserlichen Familie erfährt.
Wobei, wirklich kaiserlich war das so gar nicht. Am glücklichsten schien mir noch das Mannsweib Maria Theresia, die offenbar durch ihren innig geliebten Mann Franz Stephan von Lothringen recht gut schwanger gehalten wurde. 16 Kinder alleine sind schon eine Leistung, ja so stellt man sicher, dass es in jedem Falle einen männlichen Erben des Throns gibt. Amanweth frohlockte ob der Arbeitsteilung des kaiserlichen Paares: Maria Theresia kümmerte sich um die Politik, ihr Mann um seine Interessen: Geld und Wissenschaft. Soll heißen: sie schaffte an, während er durch geschickte Transaktionen ein riesiges Vermögen anhäufte mit dem sein Sohn schließlich das Staatsbudget sanieren konnte. Ein Modus, mit dem ich auch leben könnte.
Bei so vielen Kindern liegt der Gedanke an eine allgemeine Schulpflicht nahe und diese verdanken wir ihr ebenso wie das Höchstgericht und die Theresianische Militärakademie. Maria Theresia hat Österreich toll regiert, die Wirtschaft hat dank ihrer Reformen einen starken Aufschwung erlebt. Sie war so traurig über den Tod ihres geliebten Gatten, dass sie den Rest ihres Lebens Trauerkleidung trug, Liebesheiraten waren damals eher die Ausnahme. Maria Theresia war zwar nicht besonders hübsch, aber seit ihr gab es in Österreich keine Frau mehr, die so viel positives bewirkt hätte.
Genau das Gegenteil von Maria Theresia war Elisabeth Amalie Eugenie von Österreich-Ungarn, auch bekannt als “Sisi”, denn wer merkt sich schon einen so langen Namen. Sisi war dumm, depressiv und eitel. Sie hatte ihren Gatten Kaiser Franz-Josef nie geliebt, was man auch daran erkennt, dass sie es zunächst nur auf 3 Kinder brachte, von denen zwei an Krankheit verstarben und ihr Sohn Rudolf sich umbrachte. Auch ihr Poesie-Blog zeugt von ihrem Haß für die Zwangsehe. Das vierte Kind kam zehn Jahre später, als Sisi den Franzl doch mal wieder ran gelassen hatte.
Sie bildete sich etwas auf ihre 50 kg bei einer Größe von 172 ein und um nur ja kein Gramm zu viel zu wiegen, lebte sie fortwährend in Fastenkuren, machte tägliche Gewaltmärsche und hatte ihre eigenen Fitness-Studios. Das ging einige Zeit gut, sie war bekannt für ihr ausgezeichnetes reiterisches Können, aber sie sie bekam Rheuma und mußte ihre Reitstiefel mit 44 an den Nagel hängen. Irgendwie taugte es ihr in der Gegenwart von Franz-Josef auch nicht so sehr, denn spontan auftretende “Lungenschwindsucht” veranlaßte sie immer wieder zu ausgedehnten Reisen weg aus Wien. Als sie aber dann mit fortschreitetem Alter Hungerödeme im Gesicht bekam, war’s mit der Schönheit gänzlich vorbei.
Kaiser Franz Joseph fühlte da anders, ihm war ja ursprünglich Sisi’s Schwester Helene zugedacht gewesen, aber der Trottel verliebte sich in die Falsche. Er verehrte Sisi und in den Briefen, die er ihr schrieb sorgte er sich stets um ihre Gesundheit. Franz Joseph wurden von den Ungarn quasi als Diktator gehaßt, von den Österreichern als gütiger alter Herr geliebt. Als “erster Beamter des Staates” stand der Workoholic täglich um 5 Uhr auf und nahm selbst die meisten Mahlzeiten während der Arbeit ein, an einem typischen Tag hatte er tausend Besucher auf Audienz. Ach, das waren noch Zeiten, als die Beamten noch so hart arbeiteten, wie der Kaiser… Viele Prachtbauten in Wien gehen auf den wirtschaftlichen Aufschwung zurück, den wir Franz Joseph verdanken.
Franz Joseph und Maria Theresia waren woll die zwei bedeutendsten Figuren in der österreichischen Geschichte und in Schönbrunn konnten wir einen flüchtigen Blick auf ihr Leben werfen. Amanweth und ich halten es mit dem Wappenspruch des Kaisers: Viribus Units – Mit vereinten Kräften.