Als ich heute in der Früh meinen Rucksack packte, vergaß ich ein wichtiges Detail: meine provisorische Vorteilscard. Die Plastik-Karte ist ja schon monatelang auf dem Postweg und der Mitarbeiter im ÖBB-Callcenter erklärte mir, dass das 3 Monate dauern kann, denn so lange ist das Provisorium ja auch gültig.
Aber ohne den Kaas-Zettel kein günstigerer Tarif. So buchte ich zum Trotz den teuersten Tarif, den ich finden konnte: erste Klasse Abteil mit Platzreservierung, Kosten EUR 36,10.
Eine Sitzreservierung zu haben, stellte sich als kluge Wahl heraus, denn ich sah schon als ich die U-Bahn verließ, dass sich heute durch das verlängerten Wochenende ungewöhnlich große Menschenmassen von Wien aus nach Westen auf machten.
Mit dem ausgedruckten Ticket in der Hand begann ich meinen Sitzplatz zu suchen, fest entschlossen notfalls sogar den Zugbegleiter nach dem Weg zu fragen. Den Wagen der ersten Klasse fand ich auf Anhieb, ich erkannte ihn an einem weithin sichtbaren Einser, den jemand in freundlichem Weiß außen draufgemalt hatte.
Ich stieg hinten ein und etwa bei der Häfte des Wagens hatte ich das Beschriftungssystem durchschaut, ich war schon an der mir zugewiesenen Sitznummer 14 vorbei. Die Horde, die von hinten kommend nach vorne drängte, umging ich, indem ich vorne wieder ausstieg und einen neuen Anlauf von hinten nahm.
Ich inspizierte die Tafeln am ersten Abteil, 11, 12, 15, 16. “Hm,” dachte ich mir “da fehlt ja meine Nummer 14”. So setzte ich meinen Notfallplan in die Tat um und fand einen Zugbegleiter, der gerade im Gepäcksabteil einen Stapel von Tickets zwickte.
“Ich habe einen Reservierung für einen Platz, der nicht existiert!” forderte ich ihn heraus und gab ihm mein ausgedrucktes Ticket zur Ansicht.
Nach kurzem Studium des Ausdrucks und offensichtlichem Hirn-Rattern spuckte der ÖBB-Bedienstete das passende Rechenergebnis aus: “Da hamms wohl den Wagen ausgetauscht. Sie dürfen halt heute Business fahren.”
Die Business-Abteile der ÖBB haben 4 Sitze pro Abteil, in schwarzem Leder gehalten, die fehlende Nummer 14 nummeriert hier den Tisch dazwischen.
“Was aber wenn wer kommt und meint ‘des is ja mei Plotz’?”
“Das wird nicht passieren” sagte der Schaffner mit Bestimmtheit, die keinen Widerspruch duldete. Als sich der Zug dann in Bewegung setzte, mit mir und drei weiteren Passagieren im Abteil, glaubte ich ihm auch.
Business Class zu reisen hat auch Vorteile, wenn man gerne mit seinen Mitreisenden kommuniziert. So fragte ich gleich den Kommunikativsten unter ihnen, ob sie öfters in der ersten Klasse fahren würden.
Er offenbarte mir, dass er immer erste Klasse fahren, aber nur zweite Klasse zahlen würde. Der Schmäh ist, dass man als Journalist mit Presse-Ausweis, eine blaue “Vorteilscard Classic Presse” bekommen kann, die selbiges ermöglicht. Der Kollege zeigte mir dann seine Vorteilscard und tatsächlich stand da auf der Rückseite “Berechtigt zur Benützung der 1. Wagenklasse”.
Ich faßte den Entschluß mir auch so eine Spezialkarte zu holen … sobald ich meinen Presse-Ausweis im Papierchaos daheim lokalisiert habe.
Beim mobilen Bordservice, das auch bald vorbeischaute, bestellte ich mir einen Imbiß, da mir aufgrund des ausgelassenen Mittagessens mein Magen in den Kniekehlen baumelte. Um EUR 10,50 bekam ich einen Pennesalat mit getrockneten Tomaten und schwarzen Oliven, eine Thaisuppe mit Gemüse und Nudeln, einen Cappuccino und einen Rauch Ice Tea Pfirsich. Dann war die Geldbörse leer, aber wenig später meine Magen randvoll. Wesentlich zur Gemütlichkeit beim Essen trug der Tisch bei, den man bei jedem Sitzplatz im Business-Abteil ausklappen kann.
Auf dieser Unterlage klappte ich nach dem Essen meinen Laptop zum zweiten Mal auf, um den heutigen Bericht zu vollenden. Der Zwischenstopp in St. Pölten markierte die halbe Fahrtstrecke. Ich hätte meinen PC an der 230V Steckdose neben meinem Sitz anstecken können, aber der Akku hatte noch genug Saft für mehrere Stunden.
Am Ende des Artikels angekommen entdeckte ich das zweite Stück, dass ich daheim vergessen hatte: Mein mobiles Internet in Form meines UMTS Handys. So mußte der Upload auf mein Blog warten, bis ich wieder an einem zivilisierten Breitbandanschluß andocken konnte.