Harald Kier – Der innere Schweinehund

Mein sechster Auftrag für Klein&Kunst.

Schweinehund

Häufig meldet sich mein innerer Schweinehund, wenn es darum geht einen Rezensionsartikel noch unbedingt am Abend nach der Vorstellung fertigzustellen. So fühlte ich mich dem Thema des neuesten Programmes von Harald Kier verbunden und hoffte in seinem neuen Programm “Der innere Schweinehund” Hinweise für mich zu finden, wie ich das ungeliebten Haustier zähmen könnte.

Ich erwartete Seminar-Kabarett, bekam aber etwas viel Spannenderes, denn Kier hatte für seinen Kabarett-Stil eine interessante Mischung gefunden. Ich sah mich an Watzlawik (“Anleitung zum Unglücklichsein”) erinnert, die politische Satire erinnerte an von der Scharfzüngigkeit an Alfred Dorfer und das Schauspiel wäre eines Roland Düringer würdig, welchem Kier auch optisch ähnlich sieht.

Die Ratschläge zur Glücksverhütung Marke “Typisch Österreich” fanden den meisten Stoff in der politischen Arena. Kier begeisterte mich mit vielen mir unbekannten faktischen Wiedersprüchlichkeiten aus der Politik, die er sehr gut in seinem intelligenten Humor verpackte. Keiner war hier sicher, ÖBB, BAWAG, Krankenkassen, populäre Tageszeitungen, vergangene wie gegenwärtige Politiker, Männer, Frauen und Kinder bekamen alle ihren Teil ab, als im Laufe der Vorstellung das ursprüngliche Thema immer weiter an den Rand geriet.

Als die Pause verkündetet wurde, war meine Reaktion “was jetzt schon?”, so schnell waren die 50 Minuten vergangen. Dasselbe Kunststück gelang auch mit der ebenso langen zweiten Hälfte. Schwächen bei Thementreue und grundlegender Struktur wurden durch Kurzweil mehr als wett gemacht.

Kier, für den der Beruf des Computer-Experten das tägliche Brot ist, bezeichnet Kabarett als die Butter darauf. Er kam dazu, weil in ihm ein unerschöpflicher Quell an Worten sprudelt, den er aber in der Computerei nicht wirklich ausleben könne. Oder, wie er sagte, er könnte schon, nur müsse er sich dann aber therapieren lassen. “Der innere Schweinehund” ist erst sein drittes Programm. Hut ab!

Sein humoristischer Rundumschlag ist eine Wohltat für den Zuseher, der endlich mal wieder etwas Frisches auf der österreichischen Kleinkunst-Bühne sehen will. Es gibt kaum echte Alternativen zu den großen Namen der politischen Satire in Österreich, aber ich denke Harald Kier hat das Zeug dazu.

Am Ende des Programmes war ich immer noch nicht klüger, was das Schweinehund-Management betrifft. Dafür habe ich viel und herzlich gelacht. Das ist doch auch viel wert.

Oliver Drobnik für Klein&Kunst Onlein.

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