Am kommenden Freitag begraben wir die verstorbene Frau meines Cousins Gerhard, die Mutter von Carina und Bernhard, Gabi Fischer Leberkrebs. Leidenszeit. So würde ich nicht sterben wollen. Wir alle hoffen auf die Wissenschaft, dass sie uns bald von der Geißel der wahnsinnig gewordenen Zellen befreit. Gabi hat das leider nicht mehr erleben können. In der Verwandtschaft gehen die Emotionen hoch. Ich verstehe dass es bitter ist, gleichsam eine Schwester zu verlieren. Noch bitterer ist wohl, so dramatisch vor Augen geführt zu bekommen, dass der eigene Lebenswandel wahrscheinlich ebenso krasse Konsequenzen haben wird. Das ist Dauer-Stress, aus Gewohnheit in das Unbewusstsein verdrängt. Der Druck steigt kontinuierlich an, bis schließlich die kleinste Kleinigkeit reicht, dass das Häferl übergeht. Die Städter igeln sich in ihren Wohnungshöhlen ein und hoffen möglichst vor allen geliebten Menschen anderen ins Gras zu beissen, damit sie deren Tode nicht miterleben müssen. Unausgegorene Emotionen werden metaphorisch kalorisch verschlungen und an Körperfülle angelagert. Daher kommt der Ausdruck “in sich hineinfressen”. Negative Emotionen machen dick. Und krank. Lange dachte man, dass es wichtig ist, seine kleine heile Welt zu verteidigen, hinter jeder Ecke der Stadt lauert ein Bösewicht, der den eigenen Werten an den Kragen will. Aber jetzt kommt einem vielleicht die Idee, es wäre besser gewesen gelegentlich über seinen Schatten zu springen um, wenn nicht regelmäßig etwas Freundliches, zumindest Lebewohl zu sagen. Letzte Chance, vorbei. Doch wer bin ich, dass ich kritisiere. Keine Pietät, der Drobnik. Aber ist eh egal, das ist ein öffentliches Blog, das liest sowieso keiner. Als ich vor 17 Jahren Vegetarier wurde, wollte ich noch die Menschen um mich retten. Blöd nur, dass niemand gerettet werden will. Sich etwas sagen zu lassen würde ja bedeuten, man hatte einen Fehler gemacht. Fehler sind böse! Nein, wir machen keine Fehler, wir entscheiden ständig so, wie wir es als richtig erachten. Dafür darf uns doch keiner einen Vorwurf machen. Ich habe Gabi nicht häufig gesehen, aber immer wenn ich sie sah, dann strahlte sie. Trotz aller geistigen Verstädterung der Verwandtschaft war sie stets gut gelaunt und fröhlich, zumindest in meiner seltenen Gegenwart. Ich kann nicht der Grund gewesen sein, so witzig oder liebenswert bin ich nicht. So will ich sie aber in Erinnerung behalten. Ich denke an ihren Namen und sehe ihr lachendes Gesicht vor meinem geistigen Auge. Gabi macht es sich auf einer Wolke bequem und mit ihrem guten Herz muss sie jetzt wohl denken “bitte liebe Leute, net streiten!” Ihre Message wäre jetzt vermutlich, dass wir auf uns schauen sollen und nicht den lieben Tag lag mit grantigen Gedanken an die bösen Verwandten zu verschwenden. Ein bisschen trauern, ja, das gehört sich. Aber dann muss man sich klar werden, dass dies der Lauf der Dinge ist. Alles hat einen Grund. Die Frage ist nicht “warum passiert das mir?”, sondern “was bewirkt dieses Ereignis bei mir?” Das Leben geht weiter. Wenn Gabi uns berühren konnte, dann war ihr Leben nicht umsonst. Wir bitten von Blumen-Spenden abzusehen und den Hinterbliebenen statt der Geldbörse die Herzen liebevoll zu öffnen. |