Ein erfreutes Raunen ging durch den Saal der Überraschungspremiere, als der Filmtitel “Michael Clayton” erschien. Der Film hatte mehrere Oscar-Nominierungen eingeheimst, aber nur die beste Nebendarstellerin Tilda Swinton konnte sich bei den Schiedsrichtern durchsetzen. Tom Wilkinson und George Clooney hätten wohl auch für ihre Leistung eine Auszeichnung verdient, denn diese war exzellent, aber wie mittlerweile wissenschaftlich belegt gewinnen die Frauen doppelt so wahrscheinlich wie die Männer.
Eine fiktive Agrarfirma hat das Problem, dass ihr Produkt viele Menschen zu Schaden hat kommen lassen. Sie sind gerade dabei dies zu vertuschen und es durch eine aussergerichtliche Einigung unter den Teppich zu kehren, als ein Anwalt, der sich viele Jahre mit dem Fall beschäftigt hatte, überschnappt weil sein Gewissen die Winkelzüge nicht mehr ertragen kann. Die verzweifelte Anwaltsfirma ruft Michael Clayton (Clooney) auf den Plan, der für sie schwierige Fälle “säubert”, er selbst bezeichnet sich als “Hausmeister”. Da ist nicht allzuviel Handlung reingepackt, auf den ersten Blick mag der Film fast langweilig erscheinen. Kein Action. Kein Sex. Nur ein Toter.
Was den Film interessant macht sind keine Gimmicks, sondern ein solider Erzählstil gepaart mit glaubwürdigen Charakteren, die allesamt mehrere Gewissenskonflikte für sich lösen müssen. Ich freute mich mal wieder ausgiebige Verwendung von Tiefenschärfe als Erzähltechnik zu erleben, gemeinsam mit einer sehr ruhigen Kammeraführung kann der Zuschauer die angebotene Emotion stressfrei miterleben. Ein Stück der Handlung wird für die Rahmenhandlung zwei Mal aus zwei verschiedenen Perspektiven erzählt und da war es spannend zu sehen, wie Details, welche einem beim ersten Durchgang aufgefallen waren, in der zweiten Version an ihren logischen Platz fallen. Insgesamt leicht überdurchschnittliche Kost aber brilliant erzählt.
Ein Schiedsspruch über Michael Clayton fällt nicht ganz eindeutig aus. Ist es jetzt ein Kunst-Film? Oder doch ein Hollywood-Drama? Wer ist gut und wer ist böse? Außen hui, innen pfui? Bilden sie sich ihre eigene Meinung.
Der Film wurde bereits bei der Viennale Ende letzten Jahres gezeigt, der herkömmliche Kino-Start ist für den 29. Februar zu erwarten.