.. oder doch nicht? Im Internet wird derzeit untenstehendes Gedicht kolportiert und behauptet, dass es der deutsche Journalist und Gesellschaftskritiker Kurt Tucholsky (1890-1935) in der Wochenzeitrschrift “Die Weltbühne” veröffentlicht haben solle. Kommt uns das irgendwie bekannt vor?
Wenn die Börsenkurse fallen,
regt sich Kummer fast bei allen,
aber manche blühen auf:
Ihr Rezept heißt Leerverkauf.Keck verhökern diese Knaben
Dinge, die sie gar nicht haben,
treten selbst den Absturz los,
den sie brauchen – echt famos!Leichter noch bei solchen Taten
tun sie sich mit Derivaten:
Wenn Papier den Wert frisiert,
wird die Wirkung potenziert.Wenn in Folge Banken krachen,
haben Sparer nichts zu lachen,
und die Hypothek aufs Haus
heißt, Bewohner müssen raus.Trifft’s hingegen große Banken,
kommt die ganze Welt ins Wanken –
auch die Spekulantenbrut
zittert jetzt um Hab und Gut!Soll man das System gefährden?
Da muss eingeschritten werden:
Der Gewinn, der bleibt privat,
die Verluste kauft der Staat.Dazu braucht der Staat Kredite,
und das bringt erneut Profite,
hat man doch in jenem Land
die Regierung in der Hand.Für die Zechen dieser Frechen
hat der Kleine Mann zu blechen
und – das ist das Feine ja –
nicht nur in Amerika!Und wenn Kurse wieder steigen,
fängt von vorne an, der Reigen –
ist halt Umverteilung pur,
stets in eine Richtung nur.Aber sollten sich die Massen
das mal nimmer bieten lassen,
ist der Ausweg längst bedacht:
Dann wird bisschen Krieg gemacht.”
Tatsächlich stammt es aber (danke Harald!) aus der Feder des Österreichers Richard Kerschhofer, so die Recherche der Presse. Es war nur unglücklich neben einem Gedicht von Tucholsky zu finden gewesen, was dieses Gerücht zur Folge hatte. Enttäuscht sollen es mehrere Sozialisten aus ihren Publikationen gelöscht haben, als sie erfuhren, dass es nicht aus ihren Kreisen stammt, sondern tasächlich eher aus dem “rechten Lager”.
Doch auch wenn das Gedicht nicht 100 Jahre alt ist, fasst es dennoch die Ursachen der aktuellen Finanzkrise sehr schön zusammen. Mir hat es gefallen.