Ich hatte das vorletzte Bild, das meine verstorbene Mutter gemalt hatte, professionell neu rahmen lassen. Nachdem ich es abgeholt hatte, erfuhr ich von zwei weiteren Todesfällen. Eine skurrile Konstellation.
RIP Stefanie
Mein Vater hatte einmal folgende Kurz-Biografie für meine Mutter verfasst:
Stefane DROBNIK: geboren am 4. Oktober 1942 in Zürich, Jugendjahre in Zürich, Schweiz und Sao Paulo, Brasilien. Rückkehr im Jahre 1961, anschließend Ausbildung zum Graphiker an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien mit Besuch der Meisterklasse, Beschäftigung als Werbegraphikerin. Verehelichung 1969 mit Dipl. Ing. Klaus DROBNIK, zwei Söhne Oliver 1974 und Dieter 1977 und freie künstlerische Tätigkeit. Gestorben am 22. September 1994 an Lungenembolie.
Das Bild war 1981 entstanden und zeigt – in meiner Interpretation – eine rote Sonne über einer grünen Pflanze. Für mich symbolisiert es meine damalige Hilflosigkeit als 20-Jähriger, als ich ausserstande war meine Mutter damals zu “retten”.
Pflanzen brauchen Sonnenlicht um gedeihen zu können. Die rote Sonne ist vielleicht am untergehen, auf dass die Pflanze während der Nacht ohne diese auskommen muss. Mich soll das erinnern, dass ich immer wieder mal evaluieren sollte, ob mich eine Frau braucht oder liebt.
Der Rahmen-Experte schlug, neben diesem Modell von Rahmen, auch vor, statt dem bisherigen matten Glas ein glänzendes zu nehmen. Alles zusammen schlug sich die Renovation mit 438 Euro zu Buche und stellte somit einen neuen Rekord auf. Das Bild bekommt einen Ehrenplatz, denn um dieses Geld wäre es ein Schande, wenn nicht. Als ich das Gemälde daheim auspackte staunte ich nicht schlecht, denn durch das andere Glas wirken die Farben wesentlich satter. Dann war noch die Frage nach dem optimalen Platz. Ich konsultierte das Feng Shui Bagua um den korrekten Quadranten zu finden.
Ich entschied mich für den Familien-Quadranten, das ist der mittig links und der die Farben grün und blau am ehesten benötigt, also gut zum Bild passend, welches grosse Mengen an Grün aufweist. Witzigerweise steht auch mein Piano im selben Quadranten, ein “Erbstück” aus Klosterneuburg. Das hatten meine Eltern für mich dort gebraucht organisiert, als ich Klavierunterricht begann.
Die Beziehung zu meiner Mutter dürfte auch ein Grund sein, weshalb ich mich oftmals zu traurig wirkenden bzw. hilfsbedürftigen Frauen hingezogen fühlte. Wenn diese schon keine Liebesbeziehung mit mir wollen, vielleicht kann ich sie ja trösten oder retten? Ich habe mir fest vorgenommen, diese Samariter-Sucht bei mir zu durchbrechen. Dieses Bild soll mich daran erinnern, dass dieses “Gepäck” fester Bestandteil meiner Jugend war und meine Hoffnung ist, dass diese Selbst-Reflexion mich etwas beziehungsfähiger macht.
RIP Eli
Ich hatte mich auch spontan entschlossen, meinen Fallschirm zum Service zu bringen. Ich dachte mir, “besser er liegt im Fallschirm-Geschäft und ich setze einen Prozess in Gang, als er liegt bei mir daheim im Kasten”. Von allen meinen luftigen Hobbies ist das Fallschirmspringen jenes, das am ehesten wieder leistbar reaktiviert werden kann. Ich hatte meinen Schirm 2005 um 5571 Euro gekauft, damals hatte er schon 7 Jahre gedient, war aber wenig verwendet worden. Ich selbst habe damit nur 64 Sprünge bisher gemacht, also in etwa 87 Euro pro Sprung. Anders gesagt: ein ziemlicher Luxus.
Heute erfuhr ich, dass jegliches Gurtzeug nicht länger als 20 Jahre Lebensdauer haben darf. Das sagt eine Anweisung der Behörde. Das bedeutet, dass mein Schirm noch bis 2018 “lebt”. Noch mehr Grund, da jetzt noch einige Sprünge rauszuholen, damit die Investition was gebracht hat.
Als ich dann mein Kit beim Fallschirm Shop ablieferte erfuhr ich die traurige Nachricht, dass die Besitzerin Eli im Jahr 2013 einem bösartigen Krebs erlegen war, mit jungen 50 Jahren. Sie war es gewesen die mir meinen Fallschirm gebraucht vermittelt hatte und auch die Reserve gepackt hatte, die wir heute öffneten. Schade um sie! Ich kannte sie nicht näher, aber ich habe sie als selbstbewusste und geschäftstüchtige Frau in Erinnerung. Ich habe sie nie im freien Fall erlebt, aber ich nehme an, dass sie da auch gut drauf war, als Instruktor.
RIP Gernot
Der Todesfälle nicht genug, erfuhr ich dann noch am Abend von einem weiteren. Es wäre eigentlich ein Segeltörn Ende Juni geplant gewesen, der erfahrene Segler Gernot hätte diesen mit-gemanaged. Angeblich sei er heute tot aufgefunden worden, weitere Details sind mir keine bekannt. Ich kannte Gernot überhaupt nicht, aber es ist klar, dass seine Angehörigen und Freunde unter Schock stehen. Mein herzliches Beileid.
Ich für meinen Teil fand es etwas skurril am selben Tag mit drei Todesfällen konfrontiert zu sein. Ich wünsche allen Toten, dass sie Ruhe finden. Und allen Lebenden, dass Sie die Verblichenen in positiver Erinnerung behalten und dass sie eines Tages sagen können “es/sie hat mich berührt und hat dazu beigetragen, dass ich heute so bin wie ich bin.”