Das gleichnamige Theaterstück von des Schweizers Friedrich Dürrenmatt war die Grundlage für das Musical welches wir in der letzten Aufführungswoche in Wien sehen konnten. Die Musical-Adaption hatte im Sommer 2013 bei den den Thuner Seespielen Premiere, 2014 erfuhr sie ein Upgrade ins Wiener Ronnacher.
Das Musical folgt in den wichtigsten Zügen dem Theaterstück welches die moral-philosophische Frage stellt: ist es denkbar, dass ein ganzer Ort mit Geld dazu gebracht werden kann, dass er einen vermeintlichen Verbrecher lyncht?
Das Musical hatte dem Theaterstück zwei wesentliche Punkte voraus: tolle Musik und tolle Kulissen. Die Laune der Musical-Fans war ungebrochen, selbst wenn es nur zwei oder drei wirkliche Lacher-Momente im ganzen Stück gab.
Das Material wird als Tragik-Komödie beschrieben und dementsprechend ernst geht es zu. An einigen romantischen Momenten sehen wir zwei jüngere Darsteller das Haupt-Paar gleichsam als Rückblende. Dies hilft dem unbedarften Zuschauer, welcher vielleicht das Theaterstück nicht kennt, zu verstehen, was die Hauptdarstellerin so verhärmt hat, dass sie der männlichen Hauptperson nach dem Leben trachtet.
Und dann haben sich die Musical-Schreiber auch noch einen zusätzlichen sarkastischen Twist für das Ende einfallen lassen…
Ich mag Kunstwerke, die philosophische Fragen aufwerfen. Wo man dann im Anschluss etwas darüber nachzudenken hat. Hier ist die Frage, auf einen selbst gemünzt: würde ich für ausreichend Geld den beliebtesten Bürger der Stadt töten? Wenn nicht für Geld, was für Interpretationen könnten einen hier überzeugen? Gerechtigkeit? Das Gemeinwohl? Wenn es der Pfarrer auch gut heisst?
Zum Musical ist zu sagen, dass sie aus dem schwer verdaulichen Material eine imposante Show gezaubert haben. Insbesondere die mentalen Veränderungen, wenn die Hauptfigur beginnt paranoid zu werden haben mich berührt. Das Werk habt sie sich durch die überwiegende Tragik wesentlich von anderen picksüssen und lustigen Musicals ab. Les Miserables – obwohl auch viel tragisch – ist eine Hollywood-Komödie dagegen. Es sind wohl eher wir Mittel-Europäer, die freiwillig solch hoffnungslos moralische Kost konsumieren.
Ich hatte glücklicherweise keine Erinnerung mehr an den Inhalt der originalen Geschichte, was mich vor massiven Spoilern verschonte. So konnte ich es geniessen wie sich die Vorgeschichte langsam klärte und lange Zeit auf ein Happy End hoffen… denn die Hoffnung stirbt zuletzt. Noch später als die Moral.