Haken und Ösen

Eine Bekannte hatte mich vor einiger Zeit mal geholfen und mein Online-Profil optimiert. Dieses vermeidet nun alle Aussagen, an denen sich eine Frau stossen könnte. Was den interessanten Effekt mit sich bringt, dass ich jetzt oft gefragt werde: “das klingt ja perfekt. Wo ist der Haken?”

Hier ist letzte eine Fassung meiner Frauen-freundlichen Selbstdarstellung, bei der ich noch gewisse ungenaue Angaben korrigiert hatte:

“Ich bin der Mann, mit dem Du das Leben haben kannst, das sich alle Frauen wünschen…. treu, ehrlich, gutaussehend, erfolgreich und humorvoll. Ich bin der Fels in der Brandung!

Ich wünsche mir eine Partnerin, mit der ich durch dick und dünn gehen kann. Ich bin geschieden, aber absolut ohne Altlasten. Gerne hätte ich noch Kinder, habe aber auch kein Problem, wenn Du bereits Kinder hast. Ich bin finanziell abgesichert und gehe zielstrebig meinen Weg durchs Leben. Ich bin seit vielen Jahren Unternehmer. Trotz meiner Selbständigkeit kann ich garantieren, dass mehr als genug freie Zeit für Partnerin und Familie bleibt.

Ich bin generell ein Mann der Tat, leere Versprechungen liegen mir nicht! Genauso wenig habe ich Zeit und Lust auf Spielchen, weder hier noch im realen Leben. Ich mag Frauen die gebildet und selbstbewusst sind, Wert auf ein gepflegtes Äußeres legen, gerne reisen und Neues entdecken, die sich verwöhnen und fallen lassen können in einer Beziehung – aber trotzdem keine Prinzessin auf der Erbse sind. Ich bin sportlich – laufen, radfahren, schwimmen und tauchen und für jede Schandtat zu haben.”

Gestern Abend kam dann wieder mal die Frage nach dem Haken. Wenn mir eine Frage mehrmals gestellt wird, dann sammeln sich in meinem Kopf diverse Gedanken, die “raus wollen”. Daher dieser Blog-Artikel.

Wo ist der Haken? 

Mir scheint am ehesten, dass die an mir wahrgenommenen Haken und Ösen zumeist im Auge der Betrachterin gelegen sind:

• Frauen die eigentlich ihren Vater heiraten wollen: die haben das zwanghafte Verlangen zu ihrem Mann aufschauen zu können. Und dafür bin ich zu klein.
• Anderen Frauen bin ich oft zu dünn. Ich habe schon gehört: “mehr sollst Du nicht abnehmen, weil dann schaust Du nicht mehr männlich aus”. Das liegt vielleicht darin begründet, dass sie sich selbst neben mir vielleicht zu dick vorkommen und ein massiverer Partner ihnen eher das Gefühl gibt selbst zarter zu wirken.
• Frauen mit zu wenig Selbstbewußtsein bin ich zu offen und ehrlich: sie verkraften es nicht “auf Augenhöhe” mit mir zu kommunizieren.
• Frauen Anfang 30 bin ich zu alt, weil ich seit Juli einen 4er an der Zehnerstelle des Alters habe.
• Frauen ab Ende 30 wirke ich zu meist zu jung. Letztens wurde ich in einem Restaurant auf 25 geschätzt.
• Frauen die einen Versorger suchen bin ich nicht genug reich. Mein Wertpapier-Depot hat leider unter der Welt-Finanzkrise etwas gelitten.
• Frauen mit einem hohen Sicherheitsbedürfnis bin ich zu riskant: als Selbständiger (mit 2 Mitarbeitern) hat man ja vielleicht von einen auf den anderen Tag kein Einkommen mehr. Die hätten lieber einen leitenden Angestellten. Oder es macht ihnen zu viel Angst, dass machmal Fallschirmspringen gehe.
• Frauen die es lieber gemütlich haben bin ich zu aktiv, weil ich versuche jeden Tag irgendwas körperlich aktives zu machen.
• Party-Girls die ständig in die Disko gehen wollen, bin ich zu fade. (Ich unterhalte mich lieber und das an Orten wo ich mich reden hören kann.)
• Raucherinnen rauche ich zu wenig. (nämlich gar nicht)
• Trinkerinnen trinke ich zu wenig. (gestern habe ich Rekord aufgestellt: zum ersten Mal in meinem Leben bei einem Date eine halbe Flasche Rotwein)
• Frauen die Angst vor der Öffentlichkeit haben: haben meist ein Problem damit, dass ich gerne Blog-Artikel verfasse oder hin und wieder mal ein Video von mir auf YouTube stelle – ich wurde schon als “mediengeil” bezeichnet.

Kurzum: ich für mich finde mich optimal, aber wenn eine Frau lange genug sucht findet sie unter Garantie etwas abschreckendes an mir. Und wenn sie mir dann keine Chance zu einem persönlichen Treffen geben – um sich ein Bild vom “wahren Oliver” zu machen – dann haben wir den Salat.

Ah, noch was:

• Frauen mit einer kurzen Aufmerksamkeitsspanne: rede und schreibe ich viel zu viel.

Fazit

Ich habe mich seit Jahresanfang immer als Single bezeichnet. Das gefährliche an solchen Etiketten ist, dass man sich beginnt so zu fühlen, wie man sich bezeichnet. Ebenso ist es mit Haken und Ösen. Wenn man sagt “ich bin zu klein für die meisten Frauen” beschreibt dies nicht den biologischen Sachverhalt der Körpergrösse. Es beschreibt eine Wertung, die eine aussenstehende Person über einen selbst abgibt. Auch hier ist die Gefahr, dass man diese externe Wertung verinnerlicht und dann “zu klein IST”.

Mir geht es in dieser Übung darum zu zeigen, dass man lernen Muss das “wahre Selbst” und die Fakten von der Bewertung durch aussehen getrennt zu sehen. Der grosse Unterschied ist “ich habe Haken, an denen ich nichts ändern kann” versus “ich bin ok und wer Haken sehen will, der findet welche”. Erste Interpretation deprimiert, die zweite Interpretation heilt und macht Mut.

Was nun das Hauptwort “Single” oder das Eigenschaftswort “single” betrifft… auch dieses stellt eine latente Bewertung da. Neulich fragte ich eine Frau ganz direkt und unverblümt, ob sie “single” wäre. Ihre Reaktion legte mir den Schluss nahe, dass sie das als Schimpfwort interpretierte. Das deutsche Equivalent “alleinstehend” bzw. “Alleinstehender” fühlt sich neutraler und freundlicher an.

Ich bin kein Single… ich bin ein Mann der zur Zeit alleine wohnt.