Ich habe das Thema “Neue Hosen” lange vor mir hergeschoben. Klar war, dass ich in den alten Hosen schrecklich aussah, da mir diese allesamt um einige Nummer zu gross waren. Neue mussten her und die alten wollten entsorgt werden. Ich schob das immer vor mir her, konnte sie nicht loslassen.
Am Jahresanfang hatte ich mir vorgenommen bis zu meinem Geburtstag wieder auf “Körpergrösse minus Hundert” zu sein, 67 Kilo. Mit konsequenter Herbalife-Diät (2 Shakes am Tag statt Mahlzeiten) schaffte ich beinahe eine Punktlandung. Ich erreichte das Traumgewicht am 9. August, gute 2 Wochen später. Das ist aber nicht weiter schlimm ist, denn 7 Monate im voraus sein Gewicht zu planen ist keine leichte Übung. Hauptsache man ist wieder im Normalbereich.
Allerdings verlief die Gewichtskurve anders, als ich es erhofft hatte. Ich berührte die 67 nur kurz um dann um die 68 zu pendeln. So dachte ich mir, “mehr Sport” und zwischen 9. und 23. September machte mindestens einmal täglich irgendetwas sportliches. Ich dachte mir, dass kalorienarme Ernährung und viel körperliche Aktivität doch auf der Waage was bringen müssten. Tat es auch, aber nicht abwärts. Während dieser 2 Wochen nahm ich ein halbes Kilogramm zu.
Die gemeinläufige Weisheit, dass man beim Sport Fett ab- und Muskeln aufbaut. Ausserdem habe ich von Natur aus einen relativ muskulösen Körperbau. Gleichzeitig begannen mir diverse weibliche Freunde zu sagen, dass ich nicht noch mehr abnehmen solle, weil ich dann nicht mehr männlich wirken würde. “Na gut”, dachte ich mir “dann sind halt 68 Kilo richtig für mich”.
Urlaubsgewicht
Es folgten zwei stressreiche Wochen in denen ich mich für eine Konferenz in Krakau vorbereiten musste. Da liess ich den Sport sein. Mit dem Effekt, dass ich nach der Rückkehr aus Krakau bei 69,8 kg. Kurz darauf folgte ein weiterer Ausschlag der Nadel durch einen Städteurlaub in London. Dort legte ich zwar laut Pedometer täglich weite Strecken zu Fuss zurück (97,9 Kilometer in 6 Tagen), aber bei meiner Rückkehr war ich bei 70,8 kg gelandet. Langsam bekam ich es mit der Angst zu tun. Obendrein sah ich das ziel mir neue Hosen zu kaufen in unerreichbare Ferne gerückt.
Stressphasen, Konferenzen und Urlaube hatte allesamt eines gemeinsam: Ich nahm wesentlich mehr Kalorien auf, als in den Monaten zuvor. Sowohl in Krakau als auch in London hatte ich zum Frühstück einen mobilen Shake dabei, für die Versorgung mit Vitaminen, Mineralstoffen und Eiweiss. Allerdings zusätzlich zu einem reichhaltigen Frühstücksbuffet, was dann die kalorische Reduktion zunichte machte. Obendrein neige ich auf Reisen immer etwas zu Verstopfung. Vielleicht plagt mich da ein leichtes “Heimscheisser”-Syndrom?
Nach London konnte ich aber einen interessanten Effekt bemerken: das unerwartete Mehrgewicht war nicht von Dauer. Binnen einer Woche war ich wieder auf 68 kg angekommen (2,8 Kilo weniger). Es bestand also doch noch Hoffnung auf eine Normalisierung. Doch zum Hohn für alle Theorien und Hoffnungen folgt ein unerklärbarer 69,7-Peak am 10. November, den ich in der Grafik mit “WTF?!” bezeichnet habe. Und wieder 8 Tage später, war auch dieser Spuck wieder vorüber.
Die daraus zu gewinnende Lehre für mich kann nur sein, dass ich binnen einer Woche ein paar Kilo mehr auf die Waage bringe, wenn ich mehr esse, aber ebenso schnell wieder auf den neuen Standard (68 Kilo) runterkommen kann, wenn ich mich zusammenreisse. Ich hoffe dass dies die Erklärung ist, auch wenn der Schluss ein bitterer ist: es geht nur mit Disziplin. Ein weiteres Mal wurde die Theorie auf die Probe gestellt: bei einem Kurzurlaub in Istanbul kam ich um 1,5 kg schwerer zurück (69,6 kg). Zwei Wochen nach meiner Rückkehr bin ich wieder bei 68,5. Das ist noch nicht wieder dort wo ich hinwill.
Die Erklärung dafür ist sicherlich das viele Arbeiten am Computer, so gut wie kein Sport und schlechtes Schlafen. Kaum Herbalife-Shakes, oft zusammen mit einem normalen Frühstück mit Freundin und oft auch zu spät noch etwas zu Essen. Kurzum: mangelnde Disziplin.
Alte Hosen raus, Neue Hosen rein
Bei solch unklarer Seitwärtsbewegung im Gewichtschart zögerte ich noch kurz, packte dann aber die Gelegenheit beim Schopf mir in Istanbul 4 neue Jeans zu kaufen. Meine Freundin half mir geschickt mehrere zu finden, die mir wirklich gut stehen. Insbesondere meine schlanken Beine erfordern schlanke Hosenbeine (vulgo “slim fit). Die teuerste Jeans kaufte ich mir bei Mavi um etwa 30 Euro, zwei weitere bei DeFacto (schwarz, dunkelblau) um etwa 10 Euro, ebenso wie eine vierte von LC Waikiki. Ich rechtfertigte mir die Anschaffung damit, dass sich bei den Bauch-Zentimetern wohl kaum mehr viel tun würde.
Ich hatte bis heute noch gezögert die Stapel mit alten Hosen weg zu geben. Mir verlangte es nach irgendeiner Form von Zeremonie um mich emotional von diesem übergroßen Stoffwerk zu verabschieden. So ging ich nochmals alle Hosen durch, vermaß den Hosenbund und eruierte so jene Hose, die mir am meisten zu gross war. In dieser Hose machte ich das folgende Abschiedsfoto.
Die Hose auf dem Foto ist mir um 8 Zentimeter zu gross ist, hatte aber vor etwa einem Jahr noch gepasst. Die weniger drastischen Beispiele aus meiner Garderobe konnte ich noch mit Gürteln tragen, aber es schaute natürlich grausig aus.
So faltete ich 18 lange und 9 kurze Hosen ein letztes Mal sorgsam zusammen und schlichtete sie in einen grossen Plastik-Sack, so dass sie alsbald abtransportiert werden können.
So wandelt sich meine Garderobe von “27 Hosen die mir zu gross sind” zu “4 Hosen die mir passen”. Als ich diesen Satz schrieb, wurde mir plötzlich bewußt, dass ich nur von Alltags-Hosen redete. Da packte mich die archäologische Leidenschaft.
Kleidungsarchäologie
Ich hatte immer wieder einmal zu klein gewordenes Gewand gespendet, aber meine Maßanzüge hatte ich behalten. Sie waren verhältnismäßig kostspielige gewesen und so hatte ich es nicht über’s Herz gebracht mich von ihnen zu trennen.
Der erste Anzug der mir in die Hände fiel stammte aus dem Mai 2009, mehr als ein Jahr vor dem beginn meiner Gewichtsaufzeichnung wie Withings-Waage. Diesen Anzug hatte Stoffwerk in Wien zum Anlass meiner Ex-Hochzeit am 29. Mai 2009 geschneidert. Das Maßband attestiert mir einen 4 Zentimeter kleineren Bauchumfang als damals.
Fünf Jahre vorher, im November 2004 war ich bei Stoffwerk schon einmal Kunde gewesen und hatte mir einen Pinstripe und einen schwarzen Anzug produzieren lassen. Das Urteil von heute ist ähnlich: 3-4 Zentimeter.
Dann kramte ich weiter, fand aber nur mehr einen – vollständig erhaltenen – Smoking, welchen ich am 7.1.2003 bei Peek & Cloppenburg günstig erstanden hatte. Bei dem kann es nicht der hohe Preis gewesen sein sondern wohl eher die ihm grundsätzlich anhaftende Noblesse, weshalb ich ihn samt Bauchbinden, Mascherl und anderem Zubehör behalten hatte. Ich schlüpfte in die Hose und war erstaunt als mir diese passte. Damit war der Beweis erbracht: ich habe einen Bauchumfang wie zuletzt vor 12 Jahren.
Diese Umfangsfeststellung überraschte mich dann doch sehr. Ich kramte in meinen Akten und fand eine Leistungsdiagnostik, die ich am 24. September 2002 am sportmedizinischen Institut auf der Schmelz hatte machen lassen, 3 Monate vor dem Smoking-Kauf. Da wurde mir ein Gewicht von 65,5 Kilo bescheinigt. Gleicher Bauchumfang wie mit 28 Jahren, aber 3 Kilo mehr. Sind das alles Muskeln?
Fazit
Ich gestehe dass ich zunächst etwas frustriert war, als mein Gewicht nicht mehr weniger wurde. Und es beschlichen mich jedes Mal Gefühle von Panik als ich die Folgen laxerer Disziplin auf der Waage bemerkte. Am Gewand erkennt man aber noch viel deutlicher wo man steht. Und dies beruhigt mich ungemein, dass das Gewand mir so eindrucksvoll Entwarnung gibt.
Dass ich mir nunmehr neues, gut passendes Gewand kaufen durfte und ich eine grosse Altlast an zu grossen Hosen weggeben kann ist der Lohn für meine seit Februar gelebter Strategie. Für die nächsten Monate strebe ich eine Stabilisierung meines Gewichts um die 68 Kilo an, Ende Jänner wird dann die Garderobe an kurzen Hosen wieder aufgestockt werden, in Bangkok.
Hast du die Fotos mit Photoshop verzerrt. Irgendwie sieht der Kopf komisch aus.