Steuerreform

Heute in der früh überraschte mich mein Steuerberater mit einer E-Mail, die einen Link zu einer Zusammenfassung der kommenden Steuerreform enthielt. Hier die wichtigsten Punkte und was sie für uns bedeuten.

Entlastung der kleinen Leute

Die wichtigste Änderung soll die österreichischen Arbeitnehmer entlasten. Die letzte Veränderung an der Versteuerung von Einkommen ging 2009 eher spurlos an uns vorüber, betraf sie eigentlich nur eine Maßnahme gegen die kalte Progression. Die Grenze ab der Steuern anfallen wurde damals auf 11.000 Euro angehoben.

Die Anzahl der Progressionsstufen wird erhöht und eine auf 5 Jahre befristete “Reichensteuer” für Einkommen über eine Million wird eingeführt. Gleichzeitig werden die kleinsten steuerpflichtigen Einkommen entlastet.

Neue Steuerprogressionen

Auch bei 25.000 Euro Euro merkt man noch einen angenehmen Effekt. Die oft zitierte BILLA-Kassiererin mit 1250 Euro brutto hat am Jahresende rund 750 Euro mehr in der Tasche. Die Rechnung geht so: 1.250 x 14 = 17500. 11.000 waren steuerfrei. Nach dem alten Satz (36,5% von 6500) zahlte sie 2372,50. Nach der Reform (25% von 6500) nur mehr 1625 Euro.

Mit diesen extra 747,50 Euro kann diese Dame – und alle Menschen mit ähnlichen Einkünften – dann unsere Wirtschaft beleben. Die Steuer von 55% auf Einkommensteile über einer Million juckt uns freilich wenig. Von mir aus bräuchte das nicht auf 5 Jahre befristet sein.

Als Techniker hätte ich mir noch eine 10% Stufe gewünscht, weil mir immer der Sprung von 0 auf den Eingangssteuersatz etwas mächtig erschien. Die Armutsgrenze liegt bei 1090 Euro im Monat, also 13.080 Euro im Jahr. Arbeitnehmer die sogar noch weniger verdienen, dass sie nicht einmal auf 11.000 Euro kommen zahlen zwar keine Steuer, dafür aber Sozialversicherung.

Die Reform soll hier Abhilfe schaffen indem Arbeitnehmer die nicht steuerpflichtig sind die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge zurückerstattet bekommen, bis maximal 400 Euro im Jahr. Wer selbständig ist, für den soll es ein ähnliches System geben.

Leute mit Kindern bekommen den doppelten Kinderfreibetrag (440 statt bisher 220 Euro). Vielleicht bekommen ja dann die Menschen wieder mehr Kinder und sichern so das Pensionssystem für die Zukunft …

Konsum steuern

Die zweite wichtige Steuer für den Staat ist die Umsatzsteuer, die wir Endverbraucher auf Güter und Dienstleistungen zu zahlen haben. Damit die BILLA-Kassiererin jetzt nicht ihre gesamten zusätzlichen Einkünfte sinnlos verprasst werden diverse Waren und  Dienstleistungen teurer.

Beherbergung (ab 1.4.2016), lebende Tiere etc, Saatgut etc, Pflanzen etc, kulturelle Dienstleistungen, Futtermittel, Holz, Jugendbetreuung, Luftverkehr, Bäder, Museen etc, Tiergärten etc, Filmvorführung etc, Ab-Hof Wein.

In diesen Bereichen gilt aktuell der ermäßigte USt-Satz von 10%, dann werden es ein paar Prozent mehr. Die Initiative Wehrt Euch, die die Erhöhung bei Kino-Tickets bekämpfen wollte, ist damit offiziell gescheitert. Dass aber dann die Menschen um 4% weniger ins Kino gehen werden halte ich für unwahrscheinlich.

Insbesondere der Luftverkehr bringt vermutlich einiges an zusätzlichen Steuereinnahmen, denn einerseits fliegen die gut verdienenden Österreicher gerne in den Urlaub, andererseits ist Wien ein international wichtiger Flughafen, der ziemlich lukrativ ist. Als eines der ersten österreichischen Unternehmen hat der es geschafft im Aktienwert wieder auf den Stand von vor der Finanzkrise zu kommen. Sprich: da gibt es was zu holen.

Flughafen Wien Chart

Wir dürfen froh sein, dass sich bei der normalen 20% USt. nichts ändert und somit die meisten Dinge des täglichen Bedarfs nicht verteuert werden. Denn dann wäre der Effekt aus der Einkommensentlastung gleich wieder weg.

Steuern auf Sparen

Den Sozialisten waren immer schon jene Leute ein Dorn im Auge, die ihr Geld auf Sparkonten und Wertpapier-Depots horten, anstelle es den Armen zu spenden. In abgemilderter Form sehen wir jetzt einen Effekt dieser Philosophie.

Die Kapitalertragssteuer gibt es in Österreich seit 1993, anfangs nur für Zinsen und Dividenden. Wertzuwächse waren nach Verkauf von länger als einem Jahr steuerfrei. Das hat sich leider am 1.1. 2011 geändert. Seither sind Zinsen, Dividenden und Wertzuwächse waren einheitlich mit 25% zu besteuern. doch jetzt wird es teurer.

Die KEST für alles was mit Wertpapiere zu tun hat wird auf 27,5% erhöht. Um die klassische Großmutter mit ihrem Sparbüchlein nicht zu verärgern, bleibt allerdings die KEST auf Konto- und Sparbuchzinsen bei 25%.

Man möchte meinen, dass hier die Banken interveniert haben: bisher war es ein gutes Geschäft einen endfälligen Kredit zu haben und den Betrag zur Tilgung auf einem Wertpapier-Depot anzusparen. Wenn man für den Kredit weniger Zinsen zahlt, als die Wertpapiere wachsen, dann ist es ein gutes Geschäft. Diese Leute sind es nun, die zur Kasse gebeten werden. Den Banken ist es nur recht, denn sie wollen ja nur mehr teure Euro-Kredite mit monatlich fixer Tilgung vergeben.

Schindluder

Die Finanz ortete schon seit langer Zeit diverse Schlupflöcher bei kleinen Firmen, wo so manches Geschäft in bar und ohne Beleg passiert. Dem soll jetzt ein Rigel vorgeschoben werden.

Besonders anfällige Branchen, wie z.B. am Bau, bekommen sogar ein Verbot auferlegt, mit Bargeld zu zahlen. Die möglichen Betrugsarten die dies eindämmen soll, stehen sogar noch höher auf der Abschussliste als die Eindämmung von “Pfusch”.

Ab dem ersten Euro soll nun verpflichtend ein Beleg fabriziert werden. Ab einem Jahresnettoumsatz von 15.000 Euro besteht sogar die Pflicht ein Registrierkassensystem zu verwenden, das nicht manipuliert werden kann. Berufstätige, die ihre Geschäfte unterwegs tätigen, dürfen zwar immer noch einen handschriftlichen Paragon (Kassenzettel) erzeugen, müssen aber dann im Hauptquartier die Zettel in der Registrierkasse erfassen.

Die Umsatzsteuer wird ja nur von Endverbrauchern bezahlt. Wenn eine österreichische Firma einer anderen im gleichen Land eine Rechnung stellt, muss aktuell noch 20% USt. aufgeschlagen und abgeführt werden. Der zahlende Unternehmer kann sich die Steuer dann wieder zurück holen. Auf europäischer Ebene ist seit vielen Jahren bereits die sogenannte “Reverse Charge” Methode eingeführt. Dabei geben sich die Unternehmen einfach die Umsatzsteueridentifikationsnummer (UID) bekannt und brauchen sich dann nicht mehr um die USt. kümmern.

Lichtblick im Überblickspapier ist die Aussage, dass das “Reverse Charge” System “mittelfristig” endlich auch in Österreich eingeführt werden soll. Angeblich laufen auf EU-Ebene Vorarbeiten dazu, wobei mir nicht klar ist, welche das sein sollen, da ich als EDV-Unternehmer seit vielen Jahren schon “Reverse Charge” mache. Warum soll das in Österreich nicht gehen, wenn es z.B. zwischen Deutschland und Österreich schon lange geht?

Privatsphäre

Unter dem Deckmantel der Bekämpfung von Abgabehinterziehung will die Finanz in Zukunft auf unsere Bankkonten schauen dürfen. Als Begründung wird angegeben dass dies “international üblich” sei.

Aus Anlass abgabenbehördlicher Prüfungen (z.B. Betriebsprüfung, Umsatzsteuer- Sonderprüfung, GPLA) sollen die bestehenden Kontenverbindungen der Abgabenpflichtigen – einschließlich der Konten, über die sie verfügungsberechtigt sind – abgefragt werden können.

Beängstigend ist hier, dass es keine Einschränkung auf Firmen-Konten geben soll. Alle Kontoverbindungen der Abgabenpflichtigen werden hier genannt. Die einzige Abmilderung betrifft die Einschränkung, dass nur die Daten eines geprüften Jahres verwendet werden sollen. Sprich, wenn man was “Böses” im Jahr 2015 gemacht hat, soll dies bei einer Betriebsprüfung für den Abschluss des Jahres 2016 nicht berücksichtigt werden. Na da sind wir ja erleichtert.

Der zweite Dorn im Auge der Finanz ist das illegale Glücksspiel über das Internet. Dabei verdienen Firmen in anderen Staaten massig Geld an österreichischen Zockern. Unsere technisch versierten Herrn Politiker glauben, dass sie schlicht und ergreifend durch die Sperre bestimmter IP-Adressen dem Problem Herr werden können.

Dass das technisch praktisch nicht machbar ist, das stört sie wenig. Erst brauchen wir das Gesetz und dann erst überlegen wir, ob es überhaupt geht.

Funding für Startups

Als der Chef der Schuhfirma Waltviertler eine sogenannte Schwarmfinanzierung machte war er einerseits ein genialer Pionier, wenngleich das international schon lange möglich ist. Andererseits war er aber ein Krimineller, da es in Österreich eigentlich immer noch nicht legal ist, sich über eine grosse Menge an Privatbeteiligungen zu finanzieren. Auf Neudeutsch heisst dies “Crowd Funding” und es wurde durch US Plattformen wie Kickstarter und IndieGoGo populär.

Das Crowd Funding soll in Österreich einen gesetzlichen Rahmen bekommen. Und damit endlich die Möglichkeit schaffen, dass sich junge Unternehmen, wie zum Beispiel unser ProductLayer, dringend benötigtes Risiko-Kapital verschaffen können.

Die in Aussicht gestellte Erhöhung der Forschungsprämie auf 12%, sowie ein – nur über den Titel angedeutetes – “KMU-Finanzierungspaket” lassen uns Gründer von KMUs auch Hoffnung schöpfen.

Ökologisierung

Maßnahmen zur Verbesserung der Umwelt findet man in der Steuerreform nur per Lupe: Für Elektro-Dienst-Autos brauchen Firmen in Zukunft keine Steuern mehr für die private Nutzung zahlen.

Um eine Anreizwirkung hin zu alternativen Antrieben zu schaffen und als Beitrag zum nationalen Treibhausziel im Rahmen der EU 2020-Strategie, sollen privat genutzte Dienstfahrzeuge mit Elektromotor steuerfrei sein, das heißt bei diesen kommt zukünftig kein Sachbezug zur Anwendung.

Der einzige andere Ort an dem fossile Brennstoffe erwähnt werden ist die Hinterziehung der Mineralölsteuer. Die soll aber wegen der Steuerverluste bekämpft werden, nicht etwa geben der Klima-Erwärmung.

Fazit

Gewürzt mit einigen modernen Schlagworten stellt sich die Steuerreform für uns grundsätzlich positiv dar. Die schöne Entlastung bei der Einkommenssteuer und Belastungen bei Dingen, die Otto Normalverbraucher wenig treffen, macht einen relativ schlanken Fuß.

Insbesondere wundert uns, dass sich die sonst so verschiedenen Regierungsparteien auf eine so einheitliche Linie hatten verständigen können.

Die höhere KEST tut mir, als Inhaber eines endfälligen Fremdwährungskredits, zwar etwas weh, aber insgesamt die Finanzkraft unserer Bevölkerung besser wird, dann wachsen vielleicht meine Aktien auch um 2,5% schneller und gleichen damit die höhere KEST aus.

Das Thema der Sozialversicherung ist ein heisser Brei, den sich keiner aktuell in den Mund zu nehmen traut. Wir können nur hoffen, dass die Politik nach erfolgreichem Beschluss der Steuerreform (vor dem Sommer 2015) dann den Reform-Eifer dort fortsetzen wird.

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