Immofinanz Hauptversammlung

Vor wenigen Wochen flatterte per Brief eine Einladung zur 23. ordentlichen Hauptversammlung bei mir herein. Komischerweise mit meiner korrekten neuen Adresse in Hainburg. Woher die diese hatten war für mich ein Mysterium.

Ich habe ja mittlerweile zweit gut zwei Jahrzehnten Aktien, war aber noch nie auf einer Hauptversammlung. Das holte ich nun nach.

Um die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft besuchen zu dürfen muss man seine Bank bitten, eine Anmeldung zu schicken. Die kann schriftlich, per E-Mail oder digital über das SWIFT System erfolgen. Meine Bank meldete damit die Anzahl meiner stimmberechtigten Aktion zu einem Stichtag, weil diese Zahl auch die Anzahl der mit zustehenden Stimmrechte ausdrückt.

Eingang HauptversammlungDie Veranstaltung fand in der Metastadt statt, einem ehemaligen Fabriksgelände, welches als Event-Location umgebaut worden war. Es war mit dem Auto gut zu erreichen und es gab ausreichend Parkplätze auf dem Gelände. Bei Wortmeldungen sollten sich einzelne Aktionäre beschweren, dass der Veranstaltungsort öffentlich schwer zu erreichen sei und dass es auch keine Abstellplätze für Fahrräder gegeben hätte. Das Austriacenter wäre leider wegen eines längeren Kongresses nicht verfügbar gewesen informierte der Aufsichtsrat bei der Beantwortung der Kritik.

In einem separaten Gebäude gab es Catering. Gutscheine für Frühstück, Essen und Nachtisch fand ich zum Abtrennen auf der Stimmkarte, die ich bei der Registrierung (mit Führerschein) bekam. Diese Stimmkarte hatte gross aufgedruckt eine Nummer und klein daneben wie viele Aktien ich hielt.

Stimmkarte

Diese (beinahe) lächerlich übergroßen Eintrittskarte musste ich beim Austritt aufs Klo vorweisen und ebenso bei der Rückkehr. Jedes Mal wurde ein kleiner Strichcode am Rand gescannt. Dies diente zur Überwachung, wie viele Stimmkarten zu jeder Zeit im Saal waren.

Ein Computer im Eck erlaubte mir, meiner Eitelkeit genüge zu tun und zu schauen wie viele der anwesenden Stimmkarten mehr Aktien als ich hätten. Stellte sich heraus, dass ich von etwa 600 Stimmberechtigten quasi auf Platz 166 rangierte. Mein Nachbar, Besitzer von 155 Stück, war da zwar unter “ferner liefen”, aber gab mir dennoch sympathisch und einleuchtend Auskunft über die Vorgänge auf dem Podium.

CA Immo Fusion

Die Geschäftsführung präsentierte die Errungenschaften des vergangenen Geschäftsjahres. Das Portfolio seit stark bereinigt worden, weil sich Immofinanz auf Immobilien für Einzelhandel und Büros fokussiert hat. Das nächste große Ziel sei die gänzliche Verschmelzung mit der ebenso börsennotierten CA Immo.

Diese hätte weitestgehend die gleichen Ziele und waren in der Vergangenheit der Immofinanz bei Bieterwettbewerben der Immofinanz mehr Mals schon als Konkurrent in die Quere gekommen.

Um die ersten 26% kontrollierende Beteiligung von CA Immo erwerben zu können, waren die BUWOG Immobilien zur Gänze abgespaltet worden. Manche Aktionäre fanden den Kurs zu dem das geschehen war zu niedrig, aber der Vorstand betonte, dass man die Gunst der Stunde hätte nützen müssen, weil so eine Gelegenheit sich eher selten bieten würde.

Ein neuer Start

Die Immofinanz habe nunmehr alle offenen gerichtlichen Streitigkeiten aussergerichtlich geklärt. Der letzte Vergleich mit einem ehemaligen Aufsichtsratmitglied würde nun der letzte Schritt sein, einen Strich unter die unrühmliche Vergangenheit zu setzen.

Im Rahmen der Portfolio-Bereinigung, und der Fokussierung auf Retail und Office wurden 3 neue Marken vorgestellt: Stop Shops (Malls für Smart Shopper), Viva! (für Familien, Mode und Entertainment) und MyHive für moderne networking-fördernde Offices. Diese Marken wäre eine wesentliche Kostenersparnis für die Zukunft, weil ein identes Vermarktungskonzept an mehren Orten verwendet werden könnte.

Bei den späteren Wortmeldungen kann dann noch die interessante Frage, warum man in Wien immer weniger von diesen Schildern sieht, die eine Immobilie als zur Immofinanz gehörig auswiesen. Die Antwort überraschte mich: es sei schlichtweg zu teuer diese Schilder zu warten und schön zu erhalten. Deswegen habe man sich entschlossen diese abzumontieren und stattdessen die Marken voran zu treiben. Das Immofinanz-Schild bringt End-Kunde nichts, aber das Qualitätsversprechen der erwähnten Marken schaffe Vertrauen.

Die Führungsriege erntete auch viele Komplimente für die tolle Aufmachung des Jahresberichts und der Präsentation. Diese würden auch den Schluß nahe legen, dass jetzt ein frischer Wind in der Immofinanz wehen würde.

Die Russland AG

Besonders hätten die Immobilien in Russland die Bilanz getrübt. Im Gegensatz zu anderen west-europäischen Märkten käme in Russland eine große politische Unsicherheit dazu. Dies hatte zu massiven Abwertungen der dortigen Shopping Centers geführt. Und einigen russischen Mietern mußten Nachlässe bei ihren Mieten gewährt werden, was auch auf die Werte drückte.

Ziel ist das Russland-Riskio entweder in eine neue AG abzuspalten, oder – wenn der Preis stimmt – zu verkaufen. Mehrere Aktionäre betonten dass es insbesondere für Leute mit Altbestand (wo man bei einer Veräußerung keine Steuer zahlen müsse) eine Abspaltung besser were, weil dann auch die neuen Russland-AG-Aktien zu Altbestand zählen würden. Mir eigentlich auch, weil das war schon mit den BUWOG Aktien cool, dass diese einfach auf meinem Depot auftauchten.

Das zweite Argument für eine Abspaltung wäre, dass jetzt vermutlich die Talsohle in Russland erreicht sei und nun ein Verkauf die Wachstumschance zunichte machen würde. Mit einer eigenen Russland-AG, könnte man als Alt-Aktionär hier noch profitieren. Ein Verkaufserlös würde einfach in der Bilanz verpuffen, da er reinvestiert werden müsse.

Aber die Geschäftsführung gab sich penetrant neutral: man werde beide Varianten prüfen und im Ende die bessere wählen.

Auf die Frage, wie man nun mit dem von Russen dominierten CA Immo Aufsichtsrat umgehen würde, bekam man nur die Antwort, dass das kein Problem sein werde. Ein Aktionär vermutete, dass man den Russen von CA Immo den Vorsitz der neuen Russen AG zugestehen müsse, dass sie ihre Plätze räumen würden.

Jedenfalls gäbe es jetzt erst mal einige Arbeitsgruppen.

Dividende

Immofinanz legt Wert darauf den alten Aktionären eine attraktive Dividenden-Rendite über 3% zu bieten. Deswegen wurde auch eine Dividende von 6 Cent pro Aktie beschlossen. Aufgrund einer Änderung des Geschäftsjahres auf das Kalendarjahr geht das nächste Geschäftsjahr von Mai bis Dezember 2016, sie nennen das “Rumpfgeschäftsjahr”. Auch hierfür soll die Dividende 6 Cent sein.

Wenn die “interne Finanzierung” negativ ist, dann muss eine Dividende als Kapitalrückzahlung gelten, was den großen Vorteil mit sich bringt, dass keine Kapitalertragssteuer anfällt. Dies würde für diese beiden Dividenden funktionieren.

Der Aufsichtsrat betreibt eine umgekehrte “Verwässerung”: durch Aktien-Rückkäufe verringert sich die Anzahl der Aktien, was die einzelnen Aktien im Streubesitz wertvoller machen würde. Dies ist die zweite Art, wie Immofinanz treue Anleger zu belohnen versucht.

Wortmeldungen

Wenn man etwas anmerken oder fragen wollte, dann konnte man die Meldung auf einem Formular mit 2 Durchschlägen vermerken und in eine Plexiglas-Box werfen, die von einer jungen Dame herumgetragen wurde. Dabei musst man Namen und Stimmkarten-Nummer eintragen und ankreuzen, ob man selbst reden wolle, oder ob es vorgelesen werden solle.

Ich hatte eine Frage, was der aktuelle Stand meiner “Anspruch Nachberechnung” Papieren im Depot. Bei der Fusion mit Immo East war die Bewertung beeinsprucht worden. Der aktuelle Stand wäre, dass ein Gutachter die grundsätzliche Richtigkeit der Bewertung nun endlich bestätigt hätte und nächstes Monat weitere Gespräche stattfinden würden. Vermutlich werden diese virtuellen Papiere dann wertlos, weil das Gericht bestätigt, dass die Bewertung korrekt war.

Die vielen (zumeist älteren) Herren, die teilweise sehr lange Wortmeldungen von sich gaben, schienen vielen anderen Aktionären bekannt zu sein. Ich vermute, weil sie aufgrund der Größe ihrer Anteile immer wieder bei Hauptversammlungen anzutreffen waren. Einer der Redner, ein privater Investor, bestätigte sogar, dass er bei allen bisherigen 23 dabei gewesen war. Er war auch einer derjenigen die sich für die Russland-Abspaltung aussprachen.

Abstimmungen

Bericht und Wortmeldungen hatten etwa 4 Stunden gebraucht, dann kamen endlich die Abstimmungen. Dabei war es immer so, dass für 9 Vorschläge abgestimmt wurde, jeweils mit Dafür, Dagegen und Enthaltung.

Hierfür brauchte man jetzt die Stimmkarte. Wenn man gegen einen Vorschlag stimmen will, dann hebt man seine Karte, bis die Nummer darauf vorgelesen wurde. Dann das gleiche nochmal für Enthaltungen. Wenn man beide Male seine Karte nicht hochhält, dann zählt man als Zustimmung.

Und dann gab es noch sogenannte Weisungskarten. Mehrere Personen hatte solche Karten, weil sie von anderen Aktionären beauftragt worden auf bestimmte Weise über die Tagesordnungspunkte abzustimmen. Diese Weisungen waren den Leute welche die Ergebnisse summierten vorab bekannt.

Es gab hier keine Überraschungen, alle Vorschläge wurden mit 99,99% DAFÜR angenommen. Das wurde mir dann zur Hälfte zu langweilig und so beschloss ich das Buffet zu stürmen. Mein Hunger war zu groß und ich hatte genug gesehen.

Fazit

Ich bin froh zu sehen, dass die Immofinanz die Weichen für eine profitablere Zukunft stellt. Wenn die (hoffentlich) Abspaltung der Russland-AG klappt und ebenso das Zusammengehen mit CA Immo, dann kann sich beim Aktien-Kurs wesentlich mehr tun, als es dies in den letzten 7 Jahren getan hat.

Auch wenn man nie in die Verlegenheit kommt, relevante Mengen an Stimmrechten zu kontrollieren, hat sich mir gezeigt, dass der Besuch einer Hauptversammlung sehr interessant sein kann. Alleine die Präsentation und Beantwortung diverser Fragen und Einwände gibt einem Einblicke in das Unternehmen, wie man sie sonst nur schwer bekommt.

Nach diesem positivem Erlebnis kann ich mir gut vorstellen auch bei anderen Aktiengesellschaften die Hauptversammlungen zu besuchen. Mein Sitznachbar verriet mir dass es insbesondere bei der Versammlung der ERSTE Bank rund zugehen würde.

Daher mein Fazit: Kostet nichts, bringt Einblicke, gratis Essen und Trinken und möglicherweise nette Gespräche mit anderen Aktionären, mit denen man automatisch etwas gemeinsam hat.

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