Der ÖAMTC ist lieber politisch tätig als sich tatsächlich für die Interessen bestehender Elektromobilisten einzusetzen. Dabei würde ich mir schon erwarten, dass sich der Club verstärkt für neue Fortbewegungstechnologien stark machen sollte. Und weniger zu reden und mehr zu handeln.
Es gibt es zwar eine Seite auf ihrem Portal wo sie diverse Informationen über Elektromobilität verlinken, aber man findet dort aber nur einen irrelevanten Test:
Der Amerikaner ist derzeit weit und breit das einzig ernstzunehmende Alltags-Elektroauto auf dem Markt.
über Tesla Model S, das der ÖAMTC getestet hat. Von neutral keine Spur, der ÖAMTC hat einen riesigen Fuhrpark von Autos, die ihnen zu Sonderkonditionen von den großen europäischen Herstellern angetragen werden. Es werden wohl nur noble Autos getestet bzw. solche die den gelben Teufeln auf einem Silbertablett offeriert werden.
Eine Sache hat mich aber dann doch sehr positiv überrascht: ich fand ein Elektroauto-Informationsset, für das Land Niederösterreich und der Club gemeinsam als Herausgeber fungierten.
Die Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsplatz liegt in Niederösterreich bei durchschnittlich 37 Kilometern. Mehr als 90 % der Wege sind kürzer als 50 Kilometer.
“Zweitauto: Die Erfahrung zeigt, dass das E-Auto im Alltag oft zum Erstauto wird.”
Es liegt aber auch der Schluß nahe, dass der Club da nicht etwa selbst draufgekommen ist, sondern sich das Land Niederösterreich um diese Kooperation bemüht hat, weil sie beiden Ansehen bringt.
Leider dürften lesen die ÖAMTC-Mitarbeiter offenbar nicht ihr eigenes Informationsmaterial lesen. Stattdessen produzieren sie Content für das Auto Touring Magazin und das Online Portal mit sinnlosen Aussagen wie:
Höchst erfreulicher Trend auf dem Pariser Autosalon 2016: die theoretische „Zukunft Elektroauto“ kommt langsam, aber sicher in der praktischen Gegenwart an. Die derzeitigen Probleme für die Massentauglichkeit der Stromer sind bekannt: zu hoher Preis bei immer noch zu wenig Reichweite.
als Resümee über die Neuerungen die beim Pariser Autosalon gezeigt wurden.
Der jüngste Stein des Anstoßes war aber folgende Aussage von Herrn Wichtig … pardon Wiesinger. (seit 2012 Leiter von Lobbying und PR beim Club)
“Rein batteriebetriebene E-Fahrzeuge bieten noch keinen vollwertigen Ersatz für Autos mit Verbrennungsmotor. Wie man am Beispiel Norwegen sieht, ersetzen privat angekaufte Elektrofahrzeuge lediglich Zweit- oder Drittautos“, erklärt Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung.
In einem Artikel, in dem gegen Förderungen für private Autokäufer Stimmung gemacht wird. Der jüngste Beweis, dass ÖAMTC lieber redet (bzw. schreibt) als handelt. In die Kategorie Taten würde beispielsweise fallen, dass ich als Mitglied auf längeren Fahrten bei möglichst allen Stützpunkten mich kurz aufladen kann.
Wenn wir uns die Liste der Ladepunkte für Elektroauto auf ÖAMTC-Stützpunkten genauer anschauen, dann finden wir, dass der ÖAMTC mit dem Aufbau einer relevanten Ladestation für seine Mitglieder sehr stiefmütterlich umgeht. Die Liste betont auch besonders, dass man gefälligst nur in Notfällen laden kommen soll, denn meistens steht da “Not- und Zwischenladung” zu lesen, bei ein paar gar “Nur Notladung”.
Von 111 Stützpunkten in Österreich gesamt bieten nur 35 Stützpunkte irgendeine Lademöglichkeit. Von diesen haben grade 16 einen modernen Typ 2 Stecker, 19 haben nur Schukosteckdosen. 2 Stützpunkte stechen hervor: öffentlich zugänglich, rund um die Uhr schnell laden … allerdings betrieben von Linz AG und Vlotte.
Dann platzte mir der Kragen. Ein öffentlicher Brief an den Club wollte verfasst werden:
Offener Brief an den ÖAMTC
Lieber Club,
Ich bin selbst seit mittlerweile 25 Jahren bei Euch Mitglied. Mein erstes Auto war ein VW Polo, mein zweites ein VW Golf, mein drittes ein rein elektrischer Renault ZOE und mein viertes – jetzt als Firmenauto – die zweite Generation von Renault ZOE.
Seit ich e-mobil bin, stösst mir auf, dass ihr uns Freunde der elektrischen Fortbewegung sehr schlecht vertretet.
Einerseits würde ich erwarten, dass Mitglieder auf jedem Stützpunkt einen kostenlosen 22 kWh Typ2-Ladepunkt vorfinden sollten.
Zweitens könnt ihr Euch solche Überschriften sparen, wie zuletzt zu lesen war, dass e-KFZ nur zu zweit- oder gar nur dritt-Autos taugen würden. Für meine Zwecke reichten die 100 km reale Reichweite des ersten Renault ZOE und reichen jetzt die realen 130 km der zweiten ZOE Generation als einziges Hauptauto.
Man möchte fast meinen, dass der Club meint gegen die batterie-elektrische Fortbewegung fortwährend politische Stimmung zu machen sucht. Das macht eine schiefe Optik.
Der ÖAMTC ist bitte in erster Linie ein Automobil-Club. Automobile heist “selbst fahrend”, unabhängig vom Träger jener Energie die in Bewegung umgesetzt wird. Somit sollte euer Hauptaugenmerk sein, die leistbare und bequeme Versorgung von Fortbewegungsenergie zu fördern.
Also solches erwartet ich, dass ihr dafür Lobbying betreibt, dass mehr öffentliche Lademöglichkeiten errichtet werden, denn das ist das Hauptinteresse von uns Elektromobilisten. Natürlich ist es leichter zu politisieren und gegen Kaufprämien zu wettern. Das kann man leicht in einem Artikel machen.
Aber lieber wäre mir, wenn Eure Leute rausgehen und schauts, dass mehr Einkaufszentren und Gemeinden zB. Vor ihrem Gemeindeamt eine kostenlose Ladestation errichten. Insbesondere hier bei mir in NÖ nahe zum Burgenland ist die Anzahl öffentlicher Ladestationen an zwei Händen abzuzählen.
mit freundlichen Grüßen
Ing. Oliver Drobnik
Update 19. Oktober, Stellungnahme des Clubs, via Facebook.
Lieber Herr Drobnik.
unsere Meinungen decken sich fast zu 100% – allerdings muss man dafür unsere Original-Aussendung lesen. Durch die manchmal sehr tendenziöse Kürzung der APA entsteht in den Medien oft ein falsches Bild. (Ein Problem dass wir mit den Kollegen leider nicht zum ersten Mal haben haben…) Daher das Originalzitat unsere Aussendung vom 12.10.2016:
(…)”Möchte man alternative Antriebe wirklich nachhaltig fördern, muss zuerst bei der Infrastruktur angesetzt werden”, stellt Wiesinger fest. “Für batteriebetriebene Fahrzeuge heißt das: Förderung von Ladestationen im öffentlichen Raum. Und für Brennstoffzellen-Antriebe müssen Wasserstofftankstellen gefördert werden.” Neben einem Ausbau entsprechender Einrichtungen im öffentlichen Raum muss auch die Errichtung privater Ladestationen forciert werden. “Wenn gleichzeitig mit dem Elektroauto eine Photovoltaik-Anlage mit einem entsprechenden Batterie-Speicher angeschafft wird, ist es nachhaltiger, schwerpunktmäßig die Anschaffung dieser Anlage zu fördern als den Kauf des E-Autos”, schlägt Wiesinger vor.
Zudem braucht es auch beim Ladebetrieb lenkende Maßnahmen durch die Politik. Wie eine Erhebung des ÖAMTC im September dieses Jahres gezeigt hat, setzen Ladesäulen-Betreiber oft auf unterschiedliche Bezahlsysteme. Daher kann von den Konsumenten nur ein eingeschränkter Kreis an Ladestationen auch tatsächlich genutzt werden. “Hier ist die Politik gefordert, für ein ‘Lade-Roaming’ – ähnlich wie beim Mobilfunk – zu sorgen, um den Zugang zu sämtlichen Ladestationen sowie eine kundenfreundliche Abrechnung zu ermöglichen”, erläutert der Chef der ÖAMTC-Interessenvertretung(…)Wie aus einer Aussendung mit dem thematischen Inhalt „WIE fördere ich Elektromobilität am besten“ eine medial verkürzte Meldung mit dem Tenor „Der ÖAMTC ist gegen Elektromobilität“ wird, bleibt – wie gesagt – das Geheimnis der APA. Sei´s drum. Fakt ist, daß der ÖAMTC ganz sicher davon überzeugt ist, das der E-Mobilität ein wesentlicher Teil der Zukunft gehört. Nicht umsonst investieren wir gerade in e-Mobilitäts-Kompetenzzentren. Lesen Sie zum Thema ‚Einschätzung von E-Mobilität‘ bitte auch den kommenden AutoTouring. Dann erübrigt sich jede Diskussion.
Liebe Grüsse
Bernhard Wiesinger
Von welcher APA-Kürzung hier gesprochen wird ist mir rätselhaft, zumal ich keine solche Presseaussendung auf dem ÖAMTC Portal finden konnte. Daher antwortete ich:
Lieber Herr Wiesinger … sie gehen leider nicht auf die verfehlte Aussage bezüglich “Zweit- oder Drittfahrzeug” ein und auch nicht darauf, dass die Stützpunkte ALLE eine brauchbare Lademöglichkeit (zumindest für Clubmitglieder) haben sollten.
Worauf die Antwort kam, wieder Wort-reich…
Lieber Oliver Drobnig,
ad Zweit- oder Drittauto: Selbstverständlich ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Sie alle Ihre Mobilitätsbedürfnisse mit Ihrem ZOE befriedigen können. Allerdings ist ein solches Nutzungsverhalten selbst im Vergleich mit dem E-Mobility-Vorzeigeland Norwegen die Ausnahme, weil dort 93% der Elektro-Auto-Käufer noch über ein Fahrzeug mit herkömmlichem Antrieb verfügen (siehe http://www.taz.de/!5033700/). Diesen Befund unterstützen auch unsere repräsentativen Umfragen über AM.PULS. Dort wurden im Jänner 2016 von 80% der ÖAMTC-Mitgliedern die hohen Anschaffungskosten als Nachteil der Elektromobilität genannt. Daneben wurden jedoch noch zu geringe Reichweiten (88%), fehlende Ladeinfrastruktur (71%) und zu lange Ladezeiten (62%) als wesentliche Nachteile identifiziert. Eine reine Ankaufsförderung könnte derzeit also höchstes eines von vier Defiziten lösen. Insofern wird das Elektroauto von der Mehrheit der ÖAMTC Mitglieder (noch) nicht als gleichwertiger Ersatz für ein Fahrzeug mit herkömmlichem Antrieb angesehen.
ad Ladeinfrastruktur: derzeit verfügen 36 ÖAMTC Stützpunkte über Ladeinfrastruktur für Elektroautos. Diese Ladestationen sind prinzipiell für Not- bzw. Zwischenladungen für Mitglieder gedacht. Die Anzahl der Ladestationen wird – zumeist im Zuge von Stützpunkt-Neubauten – laufend erweitert. Wir tun unser Bestes, betrachten uns aber grundsätzlich als Anwalt von mobilen Menschen und nicht als Anwalt einer bestimmten Antriebsart.
Liebe Grüße
Bernhard Wiesinger
Das er meinen Namen verhunzte ignorierte ich mal. Wenigstens beantworte er die zwei Punkt die er bei der ersten Antwort vergessen hatte. Wir hören gerne, dass sich da angeblich bei den Ladenstationen etwas tut, wenngleich nur bei neu errichteten Stützpunkten.
Sich als antriebs-agnostischer Anwalt von mobilen Menschen zu bezeichnen finde ich dann doch etwas verwegen. Für fossile KFZ braucht man ja wohl kaum Lobbying betreiben, die verkaufen sich auch so gut.
Meine Antwort daher:
Herr Wiesinger, einen Artikel aus dem Schlusslicht-Land Deitschland zu zitieren, der zusätzlich auch nur die Meinung eines Nordwegen-Kritikers wiedergibt ist klare Themaverfehlung.
Sie schreiben ja sogar in ihrer eigenen Info-Broschüre was die Praxis beweist: wer ein e-Auto hat nimmt dieses für alle Fahrten her, die sich ausgehen. Und weil die Überzahl an Fahrten weniger als 100 km ausmachen mutiert das Elekroauto zum Hauptfahrzeug.
Umfragen wie diejenige vom ÖAMTC, adressieren die falschen Personen. Befragen sie doch bitte die elektrischen Mitglieder, insofern die noch nicht aus dem Club ausgetreten sind.