Ich gurgle brav mit Gurfix Lösung um meinen Rachen zu desinfizieren und kuriere weiter meine Krankheit aus. Dass es mir schon wieder besser geht merkte ich insbesondere daran, dass ich heute abend zum ersten Mal wieder eine normale Mahlzeit zu mir nahm. Ein Vorteil vom Kranksein ist wohl auch, dass ich seit Samstag 2 kg abgenommen habe. Aber mit Spannung erwartete ich wieder die Wahlkonfrontation im ORF.
Als Van der Bellen (Grüne) heute auf Westenthaler (BZÖ) traf, hatte dies ähnlichen Unterhaltungswert wie seine Konfrontation mit Strache (FPÖ) gestern. Es war deutlich, wie sehr sich Westenthaler und Strache insbesondere im Argumentationsstil ähnlich sind, nun, bis zum Frühjahr waren sie ja noch politische Brüder. Weder das eine noch das andere ist als Kompliment zu verstehen.
Der Hauptunterschied war, dass Westenthaler zunächst etwas weniger zu reinen Diffamierungen zu neigen schien, sondern es teilweise gut schaffte, Sachlichkeit vorzutäuschen. Dabei packte er zu Beginn seiner Redezeit natürlich diverse Ausländer-Horror-Szenarien aus. Als er merkte, dass er damit den Professor ziemlich kalt ließ, packte er noch mehr Populismus aus und bezichtigte die Grüne Partei als ein Auffangbecken für alle radikalen linken Demonstranten Österreichs.
Einzig beim Thema Gleichberechtigung für Frauen waren sich die beiden Parteiführer einig. Die letzten 10 Jahre hatten Frauen konstant nur ungefähr zwei Drittel des Einkommens von Männern erzielt. Eine Antwort auf die Frage, warum denn seine Partei während ihrer Regierungszeit da nichts bewirkt hatte, blieb Westenthaler schuldig. Ging es um gute Änderungen war es immer “wir”, ging es um schlechte Änderungen, dann ist er erst seit Mai wieder in der Politik. Ich glaube, dieses Phänomen bezeichnen Experten als “Wendehals”.
Die Mega-Pointe des Gesprächs fand sich aber abseits aller populistischen und sachlichen Themen. Gestern hatte der Analyst in der ZIB 3 noch gemeint, dass FPÖ/BZÖ und Grüne sich nichts tun würden, weil keine der beiden Parteien hoffen könne, der anderen Wähler wegzunehmen, weil sie ja an gegenüberliegenen Enden des Spektrums fischen würden. Westenthaler aber erklärte, dass es sein Ziel wäre, einen Linksruck in Österreich durch Regierungsbeteilgung der Grünen zu verhindern.
Van der Bellen machte ihn darauf aufmerksam, dass er mit vielleicht 2–3% Stimmen keine Möglichkeit hätte irgendetwas zu verhindern oder zu bewirken. Worauf Westenthaler meinte er wäre hochnäsig und “sie haben auch einmal klein angefangen.”
Der Professor brachte es kurz vor Schluß in gewohnter analytischer Manier auf den Punkt. Das BZÖ habe das Problem von Haider im Rucksack. Haider habe mit Westenthaler einen Dummen gefunden, der die Schuld für die bevorstehende Wahlschlappe auf sich nehmen könne, während Haider es sich weiterhin in Kärtnen gemütlich macht. Sollte das BZÖ eben die 4% Hürde nicht schaffen und aus dem Nationalrat fliegen, wäre das nämlich wirklich peinlich für Westenthaler.