Der Computer der Zukunft

Als Steve Jobbs vor einem Jahr das iPhone aus der Taufe hob, dachten viele “na klar, mit Handies wird Geld verdient, jetzt macht Apple halt auch mit”. Doch solch eine Betrachtung ist zu kurz gefasst, denn Apple arbeitet tatsächlich schon seit Jahrzehnten an den Computern der Zukunft. Genauer gesagt, am User-Interface der Zukunft, denn dass die verfügbare Rechenleistung exponentiell ansteigen wird war schon damals klar. Auf dieser Grundlage sah man in den Apple Labors eine Zukunft in der der PC keine große Kiste ist, sondern nur mehr ein Bildschirm, den wir über Spracheingabe, Gesten und durch Berührung steuern werden.

Ich fand zum Beweis diese beiden Videos, die illustrieren, wie sich Apple die Zukunft vorstellt. Wohlgemerkt, diese Videos sind 20 Jahre alt!

Konzept Video: “Future Shock”

 

Konzept Video: “Knowledge Navigator”

Über lange Zeit hinweg glichen Macs ihren Cousins, den PCs,  aufs Haar und das einzige Unterscheidungsmerkmal war das Betriebssystem. Weil Microsoft sich von Beginn an nur auf die Produktion von Software bedachte, konnte Bill Gates einen großen finanziellen Vorsprung gegenüber Apple herausarbeiten. Diese Spezialisierung brachte den Vorteil, dass die Gewinnmargen ungleich höher ausfielen, als wenn man sich auch noch mit Hardware-Entwicklung plagen muss.

Kurze Zeit sah es gar nicht gut für Apple aus, bis schließlich der Gründer Steve Jobs seinen “Urlaub” bei Pixar beendete und wieder zurück kehrte. Dies weckte wieder den Kampfgeist des kleinen David und er traute sich wieder mit mutigen Sprüchen dem Goliath Microsoft gegenüber zu treten. Berühmt und besonders lustig sind die zahllosen “Hello I’m a Mac. And I am a PC.” Werbungen.

Betrachtet man nur die aktuelle Generation an Macintosh Computern, denn sieht man Design und einfache Bedienung. Tritt man aber einen Schritt zurück und lässt den Blick über die Entwicklung von Apple Hardware schweifen, dann wird einem klar, dass Apple genau auf die Art von Computer hinarbeitet, wie sie sie vor 20 Jahren bereits ausdachten. Schon seit 20 Jahren versuchen sie das Desktop-Gehäuse wegzulassen, so dass Bildschirm und Rechner eine Einheit bilden. Ich kann mich noch gut an mein Erstaunen erinnern, dass die iMac (ab 1998) im Prinzip nur wie Röhrenbildschirme in bunten Gehäusen aussahen. “Das kann ja kein ernsthaftes Gerät sein” dachte ich mir damals. Dann wurden die Bildschirme flach und mit ihnen auch die Macs. Vor wenigen Tagen stellte Steve Jobbs den jüngsten Evolutionsschritt vor: das MacBook Air, das schon so flach ist, dass es in einem grossen Dokumentenumschlag Platz findet. Es ist an der dicksten Stelle 1,9 mm hoch und wiegt nur etwa 1 Kilogramm.

Der Urahn des Berührungsinterface war der Apple Newton Messagepad, dessen schwarz/weisses LCD-Display mit Stift zu bedienen war, das erste mobile Gerät mit Schrifterkennung. Ich war einer der Käufer, die das Gerät begeistert aufnahmen, weil sie hofften damit den Pads aus Star Trek etwas näher zu sein. Wenig später verschwand der Newton wieder, Apple brachte wenig rühmliche PDAs auf den Markt, weil die Masse nicht auf ihre Tastatur verzichten wollte. Das erste Berührungsinterface für Finger hatte der iPod, der mit seinem Click-Wheel und seiner enormen Speicherkapazität eigentlich über Nacht ein Erfolg hätte werden sollen. Die erste Generation floppte, erst Jahre später konnte sich das Konzept langsam durchsetzen und beherrscht heute den Markt für digitale Musikplayer.

Aus dem Interface für einem Daumen entwickelte Apple im Geheimen die Möglichkeit mehrere Finger gleichzeitig zu erkennen und baute das in die MacBooks ein. Mit einem Finger bewegt man den Cursor und klickt, mit zwei Fingern am Trackpad kann man scrollen. Dann machte Apple schlagartig das Multi-Touch-Interface salonfähig, in dem sie eine Touch Version des iPod und das iPhone auf den Markt brachten und damit weltweit ein “Will haben!” auslösten. Natürlich nicht ohne zuvor den heiligen Gral des Multi-Touch-Technologie zum Patent anzumelden.

Apple schien nie das Risiko zu scheuen. Jede von ihnen eingeführte Neuerung wurde zunächst belächelt oder floppte sogar. Doch sie gaben nie auf. Diesem permanenten Mut zum Risiko brachte ihnen viele besonders treue Fans. Die eine Hälfte künstlerische Individualisten, die andere Hälfte verliebt in Technik. Mit Begeisterung wird jede öffentliche Äußerung von Steve Jobs verschlungen, stets auf der Suche nach Hinweisen zum nächsten revolutionären Apple-Produkt. Mehr und mehr Leute wechseln zu Macintosh, aber ich kenne niemanden, der einem in der anderen Richtung entgegenkommt. Diese permanent wachsende Gruppe hält “ihrer Firma” die Stange und sorgt für einen beständigen Strom an Kapital, welches mittlerweile Apple zu einer der profitabelsten Firmen Amerikas werden ließ.

Ausdruck dieser Risikofreude ist z.B. auch die Akku-Philosophie: Apple wurde stark dafür kritisiert, dass weder beim iPhone noch beim MacBook Air der Akku getauscht werden kann. Das war bei den iPhones immer schon so. Viele solcher zunächst unpopulären Entscheidungen werden nur wenige Jahre später als genial gelobt.

Klar ist, dass Apple mit seinen 30 Jahren auch schlauer geworden ist. Früher war es eine gewisse Brutalität dem Markt gegenüber in Tandem mit einer hochnäsigen Preis-Politik, der viele Leute davon abhielt die Vielzahl an kleinen technischen Revolutionen mitzumachen. Heute jedoch positioniert sich der Mac nicht mehr als Todfeind des Windows-PC, sondern einfach als die bessere Alternative. Heute werden den User die neuen Technologien “soft” untergejubelt. Erst ein Multi-Touch-Trackpad, dann ein ganzer Multi-Touch-Bildschirm. Wer immer noch eine Tastatur haben will, der nimmt halt einen drahtlose Bluetooth-Tastatur dazu. Oder man bewegt sich in komplett neue Produkt-Kategorien. Neben PCs gedieh der Musik-Player. Dann kam das Smartphone. Jüngst wagte sich Apple auch ins Wohnzimmer mit Apple TV, welches sich anschickt die Art zu revolutionieren, wie wir Filme ausleihen.

Was bringt die Zukunft? Als nächstes lassen wir die Tastatur ganz weg und machen den Bildschirm so leicht, dass man ihn bequem als Tablett mit sich herumtragen kann. Tatsächlich hatten diverse Gerüchte-Börsen schon zu Jahresanfang fest mit einem Mac Tablet gerechnet, das Mac Air überraschte praktisch jedermann. Appl
e wird Erfolg mit dem Konzept haben, an dem Microsoft mit seinen Partnern schon jahrelang eher erfolglos herumdoktert. Apple hat nämlich mittlerweile die Macht, dass sie zu Intel gehen können, damit sie ihnen den Core 2 Duo um 40% kleiner machen, so dass er in den Mac Air reinpasst.

Die letzte Zutat, die Apple noch für den Computer der Zukunft benötigt ist ein Datenspeicher ohne bewegliche Teile, denn die zukünftigen Tablets werden Belastungen im Haushalt ausgesetzt sein, die herkömmliche Festplatten nicht verkraften. Die nötige Technologie testet Apple schon länger in den kleinen iPods. Leider kosten Solid-State-Disks (SSO) mit 64 GB noch über 1000 EUR, weshalb es für Apple der richtige Schachzug war, diese zunächst nur als Option in den Mac Air Notebooks anzubieten. Denn mit der Masse sinkt der Preis und schon in 1-2 Jahren könnte es dann das Mac Tablet um 1000 Euro geben.

Vielleicht werden wir dieses Produkt als “Mac Pad” bezeichnen. Genauso wie jetzt schon “Telefon” ein hoffnungslos antiquierter Ausdruck für ein iPhone ist, wird es wahrscheinlich genauso peinlich klingen, wenn man die zukünftigen Macs als “Computer” oder “Rechner” bezeichnet.

Ich bin schon extrem gespannt, was uns erwartet, sobald wir am Ende der Entwicklung der äusseren Form angelangt sind. Überschüssige Rechenleistung kann dann in die Verarbeitung von Mimik, Gesten und Sprache fließen, oder den heiligen Gral der Computerei: künstliche Intelligenz. Dies ist der einzige Bereich aus dem Knowledge Navigator Video, bei dem Apple sich noch nicht in die Karten blicken hat lassen.

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