Gestern beschloss der Nationalrat vertrauensstärkende Sofortmaßnahmen im Ausmaß von 100 Milliarden Euro. Bei aller demonstrierter nationaler Einhalt gab es natürlich auch Unkenrufe, insbesondere dort, wo die Kameraleute des ORF bereitwillig zuhörten. Die einen sahen die vorliegende Krise als Beweis für die Schlechtigkeit unserer Banken-Manager, die nur durch die väterliche harte Hand des Staates in gute Bahnen gelenkt werden könne. Die anderen sahen die Schuld ganz wo anders, denn Schuld sei ja eigentlich Amerika. Hier beißt sich die Katze dann in den Schwanz, weil ebendort wird genau das gleiche gesagt, nur etwas klarer ersichtlich. Die Republikaner wollen alles deregulieren und privatisieren. Die Demokraten wollen den Staat sozialer machen. Wo die goldene Mitte genau liegt, dass kann keiner sagen und das wird bei jeden Wahlen neu entschieden.
Aber trotz aller Polemik ziehen dann doch alle Beteiligten am selben Strang, sind wir doch alle froh, dass die Krise jetzt abgewendet sein dürft. Der Wiener Börse war es tatsächlich relativ egal, was am Montag beschlossen wurde. Zaghaft positiv mit geringer Volatilität ging es aufwärts. Der Markt zeigt tatsächlich schon seit 10. Oktober einen sanft aufwärts gerichteten Trendkanal aus dem in der letzten Handelswoche ein spekulativer Ausritt passierte. Wie bei solchen Übertreibungen aber üblich nahmen die meisten Spekulanten ihre 20% Gewinn und ließen den Kurs dann wieder in den besagten Kanal plumpsen.
Ist ja nur menschlich, denn er will schon 1 Monat warten um 20% einzusacken, wenn es auch in 4 Tagen geht. Der eingezeichnete Trend beläuft sich auf aktuell 7% Wachstum in 10 Tagen. Wobei es auch sein könnte, dass “nur menschlich” nur teilweise richtig ist: angeblich sollen ja die Hälfte der Trades an den Börsen dieser Welt mittlerweile von Computerprogrammen ausgeführt werden.
Seit Beginn der Krise im Oktober 2007 sind exakt 60% des österreichischen Marktes in den Lokus gewandert. Im besten Fall kann der aktuelle Trend das in 10 Wochen wieder gut machen. Wahrscheinlicher ist aber, dass es zum Gipfel genauso lange dauert, wie zuvor der Abstieg ins Tal, also bis Oktober nächsten Jahres. So oder so ist jetzt der beste Zeitpunkt – entsprechende Eier vorausgesetzt – mit einer besonders wählerischen Hand im ATX einkaufen zu gehen. Denn einerseits haben wir bei den meisten Aktien jetzt das Tal gesehen, andererseits paßt die erwartete Erholungsdauer prächtig mit der Spekulationsfrist von einem Jahr zusammen. Kurz gesagt: Jetzt kaufen, in einem Jahr 60% steuerfrei verdienen.
Natürlich bin ich der einzige, der solch einen Rat verbreiten darf. Jede Bank wird auf die aktuell unbegrenzte Sicherung für Spareinlagen verweisen und stark von Aktien in jeder Form abraten. Ist ja auch klar, denn keine Bank geht gerne freiwillig zum Staat und bittet um Eigenmittel, wenn die verängstigten Kunden den Banken ihr Geld derzeit förmlich aufdrängen. Daher kann ich nur sagen, es muss sich jeder seine eigene Meinung bilden und sollte sich weder von den Eigenmittel-gierigen Banken noch von seinen eingeredeten Emotionen leiten lassen. Geld ist eine Sache der Fakten und wer an der Börse emotionsfrei agiert, der halt schlußendlich immer die Nase vorn.