Schon in der ersten Folge der aktuellen Starmania-Staffel zog es mir den Magen zusammen, als Arabella Kiesbauer flötete “und sie könne so oft anrufen oder SMS schicken, wie sie wollen”. Gedachter Nachsatz: “und vielen Dank für ihre Kohle”, denn der ORF kassiert pro Zuschauerstimme jeweils 50 Cent. Der österreichische Rundfunk opfert die Nachvollziehbarkeit und die insbesondere die Fairness der reinen Profitgier.
Wir sollen glauben, dass es bei Starmania um den besten Gesang gehen soll, zumindest wird dies einem durch Saalvoting, einen Kommentator und die Präsenz des leibfülligen Plattenproduzenten suggeriert. Doch die tatsächliche Wahl wird einer anonymen Masse überlassen, mit der Aufforderung zu Unfairness. Bei jeder anderen Wahl ist eine Person gleich einer Stimme, denn nur so kann ausgeschlossen werden, dass Einzelpersonen unrechte Methoden nutzen, ihrer Auswahl überproportional mehr Gewicht zu geben. Denn, wo Menschen die Gelegenheit gegeben wird, da nützen sie die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen schamlos zu ihrem Vorteil aus, insbesondere, wenn sie anonym bleiben können und sie sich sicher vor Verfolgung wähnen.
War es bisher nur ein Verdacht, sahen wir heuten den eindeutigen Betrugsbeweis, denn das von plötzlicher angeblicher Vertrottelung heimgesuchte TV-Publikum trägt alleine die Verantwortung dafür, daß eine mögliche Finalistin aus dem Rennen geworfen wurde. Dabei war ihre gesangliche Darbietung so genial, dass es sogar mir eine Gänsehaut verpasste. Was für Möglichkeiten hatten nun die Betrüger um das Ergebnis derart zu verfälschen?
Alle Betrügereien haben gemeinsam, dass sie Geld kosten. Einmal mit technischer Rafinesse, einmal mit sozial-netzwerklicher. Technisch bei Starmania zu betrügen geht extrem einfach. Man braucht nur ein kurzes Programm schreiben, dass über ein Handy mehrere hundert SMS verschickt. Laut Aussage des ORF gibt es tatsächlich kein Limit wie häufig man per SMS voten kann. Gäbe es eines, dann ist die nächst höhere Stufe der Betrugskunst, sich Zugang zu einem SMS-Gateway zu verschaffen oder einen solchen bei einem Provider zu mieten. Der Vorteil bei einem solchen Gateway ist nämlich, dass ich einerseits noch viel mehr SMS in der Voting-Zeit versenden kann, andererseits kann ich dort den Absender der Nachrichten völlig frei festlegen, also auf zufällige Handynummern aus allen Mobilnetzen. Der Empfänger kann den Unterschied nicht feststellen, Authentifizierung ist im SMS-Protokoll nicht vorgesehen.
Die sozial-netzwerkliche Methode ist zwar technisch weitaus banaler, kann aber genauso gut funktionieren. Gerade so junge Leute um die 20, wie die aktuellen Starmaniacs, haben unglaublich grosse soziale Netze, denn diese sind über das Internet heutzutage extrem leicht zu knüpfen. Wie schwer kann es dann sein, alle noch so flüchtigen Bekanntschaften zu bitten, für einen bestimmten Kandidaten zu stimmen? Auch hier wird das Wahlergebnis gekauft, nur aufgeteilt auf viele hunderte junge Burschen, die im Rausch der Hormone alles tun, worum sie ein blonder Engel bittet.
Bei Fernseh-Votings abgegebene Stimmen waren noch nie aussagekräftig. Entweder hat man viel Geld und technische Mittel zum Betrug, oder man kennt genügend Leute, die Leute kennen, die einem helfen das Ergebnis zu seinem eigenen Vorteil zu verzerren. Eine Pseudo-Jury würde dem Ergebnis noch wenigstens einen Anstrich rechtlicher Einwandfreiheit verschaffen, aber für Starmania macht sich niemand diese Mühe. Die vorherrschende Intransparenz verschleiert die zwei Tatsachen, dass einerseits durch etwas Organisation die Wahl manipuliert werden kann, andererseits auch weitere Möglichkeiten im Bereich “Social Engineering” existieren
Ich ersuche den ORF eindringlich, endlich die Voting-Betrügereien zu unterbinden, oder zumindest einzudämmen, auch wenn kurzfristig im Börsl etwas schmerzen wird. Wie lächerlich muss sich der ORF noch machen, bevor er endlich anfängt wieder fair und neutral zu agieren, wie wir das von unserem Staats-TV erwarten. Dem werten Leser empfehle ich indies künftige Starmania-Votings zu boykottieren. Wir zahlen eh schon saftige Zwangsgebühren, das Geld, das wir sonst ver-voten würden, ist im iTunes Store besser aufgehoben. Deren Verkaufshitparade ist nämlich jene Art von schonungslos ehrlichem Votum, um das es auch den Starmaniacs schlussendlich gehen wird.