Ich muss ehrlich gestehen, dass uns Investoren die letzten Tage
an der Börse wieder wenig Glück gebracht haben. Nahezu
alles wird weiter leerverkauft und das sorgt naturgemäß
für eine fallende Tendenz. Dabei frage ich mich, wer wirklich
so blöd sein kann, auf diesem Stand noch verkaufen zu
wollen.
Es sind im Grunde folgende 3 Faktoren, die aktuell zu dieser
instabilen Situation führen.
- Leerverkäufe
- Zwangsverkäufe
- Gier / Angst
Leerverkäufe (Short Selling)
Ich habe die Ohren gespitzt, als letztes Monat unsere Politiker
angedacht haben,
das Leerverkaufen zu verbieten. Allerdings schein das in
Österreich doch nicht umgesetzt worden zu sein. Ein
Aktionär hat normalerweise die Bestrebung seine Papiere zu
halten, damit sie irgendwann mal mehr wert sind, als zum
Kaufzeitpunkt. Ein Leerverkäufer, der mit fallenden Kursen
rechnet, kennt da keine Skrupel, sich irgendwo Aktien auszuborgen,
diese zu verkaufen, etwas später zu einem günstigeren
Kurs wieder einzukaufen und zu retournieren. Dies hat unmittelbar
den Effekt, dass in einem nervösen Markt nochmal viel mehr
Angebot da ist als Nachfrage, was den Kurs drückt.
Hier wäre wirklich die Politik gefragt, Leerverkäufe
für einige Zeit, für instabile Aktien auf jeden Fall,
besser noch für lange Zeit oder immer zu untersagen. Aber die
Großparteien koagulieren ja lieber, als dass sie so eine
heiße Kartoffel angehen.
Zwangsverkäufe
Man sollte es zwar nicht, auch nicht in guten Zeiten tun, mir
sind einige Leute bekannt, die dennoch unmittelbar benötigtes
Geld in Aktien “geparkt” haben. Nur das innerhalb von 2 Monaten
jener Parkplatz von Größe eines Hummers auf den eines
Dreirads geschrumpft ist. Das ändert aber nichts daran, dass
dennoch die Küche gekauft werden muss, oder
Weihnachtsgeschenke, oder ein neuer Computer.
Sind es im “günstigen” Fall noch Konsumentscheidungen, die
man im worst case noch verschieben kann, sitzen vielen Leuten jetzt
auch neuerdings die Banken im Nacken, die sich nach allen Regeln
der Kunst abzusichern versuchen. So bekam ich letzte Woche den
ominösen Anruf meiner Bank, ich möge doch bitte ab sofort
200 Euro zusätzlich monatlich ansparen, damit sich die Tilung
meines Kredites in 10 Jahren ausgeht, dabei hätten sie –
gnädigerweise – für das bestehende Depot bereits 4,5%
Wachstumserwartung einkalkuliert.
Ich werden in meinem Fall das Geld vermutlich irgendwie
aufbringen können. Wer das aber nicht kann, der ist gezwungen
Geld flüssig zu machen um einen Teil seiner endfälligen
Darlehen zu tilgen, was insbesondere dann klug ist, wenn die Zinsen
dafür mehr als 4,5% ausmachen.
Oder wenn jemand unguterweise gerade jetzt vor Weihnachten
aufgrund von Personalabbau seinen Job verliert? Möglicherweise
reichen dann nicht die bis zu 1300 Euro, die man vom AMS bekommt um
alle Verpflichtungen abzudecken. Wiederum heisst dies an die
Ersparnisse zu gehen. Von einem Sparbuch sind die schnell
abgehoben, aber steckt das Geld in Aktien, dann geht das nur mit
herben Verlusten.
Gier / Angst
Es heißt, das bereits die Hälfte des gehandelten
Volumens von Computern kontrolliert wird. Der Fondsmanager gibt
eine Gewinnerwartung ein, z.B. 10% reichen üblicherweise um
den ATX zu outperformen. Sobald der gewünschte Jahresgewinn
erreicht ist, wird er mitgenommen. Das zahlt sich aus für alle
diejenigen Marktteilnehmer, die minimalste Gebühren bezahlen
und Firmen, die für unterjähriges Handeln sowieso Steuern
zahlen müssen. Als Privatperson muss ich je nach
persönlichem Einkommenssteuersatz bis zu 50% abgeben. Als
Firma sind es maximal 25%, denn so hoch ist die
Körperschaftssteuer. Obendrein haben Finanzunternehmen viel
größere Beträge zur Verfügung, weshalb nicht
nur der relative Gewinn, sondern auch die absolute Zahl viel
größer sein.
Ich als Privatperson hingegen kann es mir wegen Gebühren,
Steuern und Emotionen keinesfalls leisten, bei 10% schon wieder aus
einer Aktie auszusteigen. Will ich meine 50% Verluste wieder
wettmachen heißt dass, dass meine Aktie 200% steigen muss.
Bekannt ist die Weisheit: bei einer Aktie kann man tausende Prozent
gewinnen, aber immer nur 100% verlieren. Ja, die Magie der
Prozentrechnung.
Es sind also hauptsächlich Computerprogramme und
Finanzfirmen daran schuld, dass unser Markt instabil ist. Ein paar
gescheite Leute haben vor einem Jahr schon in fixverzinsliche Titel
umgeschichtet. Einer von den Glücklichen kassiert von mir
für ein privates Darlehen 6%. Vor einem Jahr noch hatte ich
mir gedacht, dass ich die 6% locker an der Börse verdienen
kann, heute bin ich mir da nicht mehr so sicher.
Die zweite Hälfte ist psychologisch und ich nenne sie
“Angst”. Es gibt zwar zu jeder Zeit immer noch wen, der ein
x-beliebiges Papier zu jedem noch so niedrigen Kurs zu kaufen
bereit ist, derer sind aber nur sehr wenige und ihre
Kurswünsche sind hoch-spekulativ nach unten. Es wird auch
immer jemanden Geben, der zu jedem Kurs verkaufen will oder muss.
Will er seine Aktien loswerden, muss der “market” verkaufen, also
den angebotenen höchsten Kaufkurs akzeptieren.
Doch immer, wenn so etwas geschieht, dann stellt die Börse
einen Kurs fest, den die ganze Welt mit spätestens 20 Minuten
Verzögerung auch sieht. Genau diese Kurse beeinflussen aber
wiederum die Käufer und Verkäufer insofern, als dass die
Käufer ihre Dumping-Kurs-Wünsche noch weiter nach unten
schrauben, weil ja offensichtlich das verzweifelte Angebot da ist.
So beißt sich die Katze in den Schwanz.
Fazit
Leider können wir private Anleger da rein gar nichts
machen. Es sei denn irgendwer von Euch kennt den Faynmann
persönlich und kann ihm stecken, dass er was bei den
Leerverkäufen unternehmen sollte. Uns bleibt nur der
österreichische Weg: sich über die Banken ärgern und
darüber schimpfen, wie sie die Krise nützen um noch
reicher zu werden. Und wenn man mit dem Schimpfen fertig ist, dann
nimmt man ein Schlafmittel und schaut sich sein Depot erst in einem
Jahr wieder an. Das, oder man bunkert größere Mengen an
Johanneskraut-Tee und Baldrian.