Renault ZOE

Unabhängig vom Erdöl sein, kein CO2 mehr in die Atmosphäre zu blasen, das war ein langgehegter Traum von mir. Doch zu dem Zeitpunkt, als ich flügge wurde – sprich Auto fahren durfte – vor 21 Jahren, waren elektrisch fahrende PKW noch Zukunftsmusik.

Mein erstes Auto war ein VW Polo gewesen, den ich dann vor 11 Jahren durch einen Golf 4 ersetzte. Einige Jahre später erzählte ich dann auf meinem Blog die Geschichte wie ich zu einem “Golden Golf” kam. Dieser hatte damals mit 22.500 Euro zu Buche geschlagen.

Verzögert

Renault wollte den ZOE ursprünglich schon 2012 auf den Markt bringen, aber aufgrund der schwächenden Konjunktur gaben sie dem ähnlich gebauten Clio den Vorzug. Damit die Kunden nicht aufgrund zu vieler neuer Modelle verwirrt würden. Solange es Probleme mit dem R-Link Entertainment System gab konnte auch nicht ausgeliefert werden.

Ein weiterer Grund für die Verzögerung könnte auch die Fehlende Normierung des Ladesteckers gewesen sein. Erst im Januar 2013 hat die Europäische Union schlussendlich den Typ2 Stecker als Standard für alle Elektroautos bestimmt. Was den Franzosen – und damit Renault – nicht so recht war, weil diese zunächst auf eine andere Steckverbindung setzten.

Im September 2012 begann Renault schliesslich Vorbestellungen für den heissbegehrten ZOE anzunehmen. Die elektrischen Modelle Kangoo Z.E. (Ende 2011) und Fluence Z.E. (seit 2012) waren schon viel früher in den Handel gekommen, als elektrische Varianten von Modellen mit konventionellem Antrieb. Dies bedeutete jedoch grosse Einbussen beim Platz, da diese Karosserien primär für Verbrennungsmotoren und Treibstofftanks ausgelegt waren.

Zwischen drin wollen wir der Vollständigkeit noch den 2-sitzigen Renault Twizy erwähnen, welcher aber aufgrund mangelnder Alljahrestauglichkeit in die Kategorie “Spassfahrzeug” einzuordnen ist.

Gekauft!

Der Renault ZOE war nun endlich das erste alltagstaugliche rein elektrische KFZ, welches sich der Normalverbraucher auch leisten kann. Um die trägen Verkäufe zusätzlich etwas anzukurbeln bot Renault auch eine Null-Leasing-Variante, welche bei uns schliesslich den Ausschlag gab. Wir unterschrieben.

Der Renault ZOE war das erste “normale Auto” von Renault, welches von Grund auf für die elektrische Motorisierung designed wurde. Das Gefährt ist rund um das Batterie-Packet von ca. 200 Kg herum aufgebaut. Dies gibt ihm eine wunderbar stabile Strassenlage und man hat keinerlei Einbussen beim Kofferraum.

Während andere Autofirmen ihre KFZ mitsamt der Batterie verkaufen, beschritt Renault einen anderen Weg. Weil man beim ZOE die Batterie nicht kauft, kommt die Version mit allen Extras auf 23.010 Euro, interessanterweise praktische der gleiche Preis, den ich vor 11 Jahren für den Golf gezahlt hatte.

Da sich der Akku auf ca. 10.000 Euro beläuft mussten die anderen ihre KFZ jenseits der 30.000 Euro anbieten, wodurch diese Autos zu Nischenprodukten verkommen. Auf einer Automesse wurde uns gesagt:

“Leute die 40.000 Euro für ein Auto ausgeben, die kaufen sich etwas anderes als ein Elektroauto”.

Nissan reduzierte jüngst den Einstiegspreis für die zweite Generation des ebenso rein elektrischen LEAF auf 29.690 Euro inklusive Batterie. Wobei auch die Japaner mittlerweile den Wert des französischen Akku-Miet Modells erkannt haben. Optional ist der LEAF jetzt auch ohne Akku um 23.790 Euro zu haben. Die Miete kommt dann auf einen ähnlichen monatlichen Betrag wie bei Renault. (Preise in Deutschland)

“87% aller täglichen Fahrten in Europa sind kürzer als 60 km”

Schaltet man in den ECO Modus – durch einen grünen in der Mittelkonsole – lässt sich die Reichweite um bis zu 8% steigern indem die diversen Energieverbraucher kaum merklich gedrosselt werden. Die Hintergrundfarbe des Dashboards wechselt von blau auf grün um auf die zusätzliche Ökonomie hinzuweisen.

Altlasten

Doch bevor wir das neue rein elektrische KFZ so richtig geniessen konnten mussten wir noch den Golf loswerden. Draussen vor dem Carport geparkt erinnert er mich bei jedem Sehen an meine Zeit, als ich in Wien in Saus und Braus lebte.

Als gut verdienender Single hatte ich keinerlei monetäre Sorgen und dies brachte auch mit den Extras zum Ausdruck, die ich mir in den Golf hatte einbauen lassen: abnehmbare Anhängerkupplung, Standheizung, DVD-Navigationssystem mit grossem Touch-Screen.

V0lkwagen Golf sind motorisch unverwüstlich, weshalb meiner auch mit 172.000 km noch im Eurotax mit 4700 Euro bewertet wurde. Allerdings ist dieser Wert nur von einem Händler zu erzielen und in perfektem Zustand, wie ich feststellen sollte.

Dem Rat der Verwandten folgend inserierte ich ihn mit 2 frischen Fotos und 3700 Euro Preisvorstellung auf Willhaben.at. Und tatsächlich, binnen kurzer Zeit begannen die Anrufe, dabei auch ein Herr, der vorschlug am nächsten Tag zu kommen und das Auto auch gleich mitzunehmen.

Als dieser mit Frau und Sohn antanzte, begannen die emotionalen Turbolenzen. Das Auto wäre im Prinzip eine Rostlaube und wenn man wolle, dass die “nach was aussieht” müssen man gleich 2000 Euro an Lackierarbeiten investieren. Dann wäre noch der Zahnriemen zu tauschen, 700 Euro und das Pickerl auch schon seit 4 Monaten abgelaufen. Der Volkswagen Servicebetrieb veranschlagte 1050 Euro für grosses Service inklusive Tausch des Zahnriemens und Überprüfung.

Mag sein, dass da auch ein Teil Verhandlungstaktik dabei gewesen sei, aber mir begann zu dämmern, dass der Golf durch die nötigen Ausbesserungsarbeiten weit weniger wert sein würde. Obendrein begannen sich Probleme mit dem Wandler bzw. dem Getriebe anzukündigen, was sich durch ruckartiges Schalten des Automatik-Getriebes ausdrückte.

Ich fühlte mich vor einem Scherbenhaufen/Totalschaden stehend.

Dann zauberte meine Göttergattin einen selbständigen KFZ-Mechaniker aus dem Hut, der uns sofort 1000-1200 Euro anbot. Als ich es dann zu meiner eigenen Überraschung schaffte ihn auf 1500 rauf zu handeln, war die Entscheidung für mich klar, wer der Nachbesitzer werden würden.

Dieser Experte war als einziger in der Lage am besten einzuschätzen, was der richtige Verkehrswert für das Auto sein müsste und gleichermassen befugt und befähigt allfällige Reparaturen auszuführen. Das Problem bei einem Verkauf an eine Privatperson ist ja immer, dass man mit Schadenersatzforderung konfrontiert werden könnte, wenn nachgewiesen werden kann, dass man einen Mangel verschwiegen hat. Und was kann ich als Laie über Mängel an einem KFZ schon wissen?

Am Weg zum neuen Besitzer stoppten wir noch kurz beim Gebrauchtwagenhändler Krydl um noch eine zweite Meinung einzuholen. Nach einer kurzen Probefahrt sagte der hiesige Sachverständige: Motorisch sei der Golf tip top, und wenn das mit dem Getriebe nicht wäre, dann hätte er uns auch sofort 1600 Euro gezahlt. Aber dieses zu richten würde das Doppelte vom Zahnriemen kosten, weshalb für sie der Ankauf unrentabel wäre. Wir sollten dankbar für die 1500 Euro sein, … was wir nun auch waren.

Danach stellten wir das Auto zum Käufer gestellt und ich habe die Abmeldung bei unserem Versicherungsmakler in Auftrag. Aber bis zur Unterzeichnung des Kaufvertrages 2 Tage später hatte ich immer noch Ängste, dass der Käufer es sich vielleicht anders überlegen würde. All dies zehrte an meinen Nerven.

Mein Fazit nach dieser stressigen Episode: Willhaben ist sicher toll, wenn der PKW in perfektem Zustand ist, man ihn gleichsam verschenkt oder wenn man in der Großstadt wohnt. Für uns Leute auf dem Land empfiehlt sich aber eher ein kompetenter Gebrauchtwagen-Händler wie der Krydl.

Als wir dann den Kaufvertrag am 4.7. unterzeichneten fiel eine gewaltige Last von meinen Schultern. Dies markierte das Ende der Volkswagen Ära in meinem Leben.

Ein Normales Auto

Als mein Schwager den Renault ZOE fuhr lautete sein Urteil:

“Fährt sich wie ein normales Auto”

Neben der multimedialen Verspieltheit der Konsole ist Zoe tatsächlich hauptsächlich ein alltagstaugliches KFZ. Wenn man im Betriebshandbuch nachliest, dann merkt man wo Renault Abstriche machte, teils um Gewicht zu sparen, teils um die Kosten im Rahmen zu halten.

  • keine Anhänger-Vorrichtung
  • keine Abschlepp-Vorrichtung hinten, man kann keine KFZ abschleppen
  • Abschlepp-Öhse vorne ist nur zu verwenden, wenn der Akku gänzlich leer ist. Ansonsten muss das Auto
  • Rückbank nicht teilbar
  • keine Armlehnen
  • keine verstellbare Kopfstütze in der ersten Reihe
  • kein Reserve-Rad, stattdessen Dicht-Schaum-Patrone und Kompressor
  • Die 12V Batterie (für den Betrieb der Elektronik) ist nicht stark genug um einem anderen KFZ Starthilfe zu geben
  • Umgekehrt darf man auch die 12V Batterie nicht mit einem anderen KFZ aufladen

Wenn man diese Einschränkungen wahrnimmt, dann wird einem langsam klar, dass man zwar preislich in der Kategorie vom Golf rangiert, aber das Auto selbst eine Kategorie kleiner ist. Renault hat es offenbar nur so geschafft, den Renault Zoe zu einem sinnvollen Preis auf den Markt zu bringen.

Gewichtsprobleme

Evolutionär war ja auch die Golf Marke mit der Zeit immer größer und schwerer geworden. Effizienz-Steigerungen bei den Verbrennungsmotoren erlaubten dem Hersteller immer mehr Dinge im Golf zu realisieren, die sich die Kunden wünschten. Mein Golf 4 wog leer 1359 kg, höchstzulässig beladen 1850kg, und die wollen ja mal bewegt werden.

Renault ZEO hat ein Eigengewicht von 1468 kg. Während bei einem Treibstoff-betriebenen Auto der Tanz leer ist, also nichts wiegt, ist die Masse der Batterie bei ZOE immer “voll da” und da bekommt man leider bei der Physik keinen Gewichtsrabatt.

Mit voller Zuladung (5 Erwachsene und Gepäck) beträgt das höchstzulässige Gesamtgewicht von ZOE 1943 kg. Sprich, sowohl leer als auch maximal gesamt wiegt ZOE etwa 100 Kilo mehr als der Golf 4.

Es gibt leider keinerlei offizielle Angaben zum Gewicht der Batterie, aber wir denken, dass es etwa 200 kg sein müssten. Somit wäre ZOE ohne diese Last sogar 100 Kilo leichter als der Golf.

Das Ergebnis dieser technischen Gewichts-Diät ist nunmehr dass Renault ZOE die erste Generation von Elektro-Autos verkörpert, bei dem der Sweet Spot von Leistung zu Gewicht möglich wurde.

Fazit

So manches Extra welches ich für meinen Golf noch extra zahlen musste, ist beim ZOE schon eingebaut, zum Beispiel das Navigationssystem mit Touch-Display oder Bluetooth-Freisprecheinrichtung. Ich liebe es, dass ich über Bluetooth Podcasts von meinem iPhone abspielen kann. Freisprech-Einrichtung versteht sich von selbst.

Trotz aller technischen Spielereien demonstriert Renault ZOE elegant, dass sich mit dem aktuellen Stand der Elektro-Antriebstechnik ein in jeder Hinsicht alltagstaugliches Gefährt realisieren lässt, welches vor allem auch für normale Leute zu bezahlen ist.

Natürlich zahlt man als “Early Adopter” einen höheren Preis für eine neue Technologie. Hier hat Renault sich ins Zeug gelegt, diesen auch für uns Normalsterbliche erschwinglich zu machen. ZOE ist ein knackiges Ideal-Paket, für das wir gerne ein bisschen mehr zahlen.

Kurzum: Wir lieben unseren Renault ZOE.

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