“… kann’s auch gut gebrauchen.” tönt ein deutsches Volkslied von August Schnezler aus dem 19. Jahrhundert. Ich befasse mich in diesem Artikel mit der Situation, dass man es vielleicht nicht mehr gebrauchen kann und veräußern möchte.
Die edlen Metalle finden sich in allerlei unterschiedlichen Formen wieder. Ketten und Ringe dienen als Schmuckstücke. Münzen, Medaillen und Barren als Wertanlage. Die beiden häufigsten Edelmetalle sind Gold und Silber.
Vielleicht macht man gerade Frühjahrsputz im Tresor, oder ist knapp bei Kasse und beschliesst Dinge zu verkaufen, die aus Edelmetallen hergestellt sind.
Kurswerte
Grundsätzlich lassen sich Gegenstände aus Edelmetallen zum Materialwert an darauf spezialisierte Händler verkaufen. Doch bevor man zu einem Händler geht, sollte man sich Klarheit darüber verschaffen, ob sich die Mühe lohnt.
Edelmetalle werden – ähnlich wie Wertpapiere – an den Börsen gehandelt und dabei sogenannte “Spot”-Kurse festgestellt und zwar – verwirrenderweise pro Unze (“oz”). Ein Kilogramm sind 32,154 Unzen. Zum Zeitpunkt dieses Artikels lag der Silber-Kurs bei ca. 462 Euro, für Gold bei 34.028 Euro. Gold ist also etwa 73 mal so wertvoll wie Silber.
Dieser Kurs ist allerdings nur für Banken und Profi-Händler zugänglich. Niedergelassene Händler zu denen man seine Wertgegenstände hintragen kann liegen mit ihren Kursen ein paar Prozent unterhalb der Spot-Kurse. Wer aber daheim den Wert seiner edlen Dinge eruieren will, für den sind die Börsenkurse ein guter Anhaltspunkt.
Feinheiten
Üblicherweise werden Schmuckstücke nicht aus reinem Silber oder Gold herstellt, sondern in Legierungen verarbeitet, um eine größere Härte zu erzielen. Den Anteil an Silber/Gold erkennt man aufgrund einer eingeprägten Zahl, der Punzierung. Diese dreistellige Zahl ist einfach die Anzahl Promille, also wie viele Teile von Tausend, an Edelmetall beinhaltet sind.
Beispielsweise hat eine Silberkette mit Punzierung 925 also 92,5% Silber, ein Goldring mit Punzierung 585 enthält 58,5% Gold. Die auf 100% fehlende Menge ist zumeist Kupfer. An der Börse wird Kupfer in Tonnen gehandelt; ein Kilogramm sind aktuell 5 Euro wert. Da dieser Wert im Vergleich zum Edelmetall verschwindend gering ist, wird er ignoriert.
Bei reinen Ketten, Münzen oder Barren ist die Feinheit so recht einfach zu bestimmen. Der Händler zahlt pro Gramm Feingehalt des Edelmetalls.
Grundrechnungsarten
Dermaßen mit Wissen bewaffnet können wir uns nun an ein Rechenbeispiel wagen. Ein – wegen Scheidung nicht mehr benötigter – Ehering wiegt (laut Küchenwaage) etwa 5 Gramm und ist auf der Innenseite mit 585 gestempelt.
Das ist also 14 Karat Gelbgold und die Rechnung schaut wie folgt aus:
5 * 0,585 * 34.028/1000 = 99,5 Euro
Das wäre der Wert mit aktuelle Spot-Kurs, aber leider ist dieser für die Praxis nur theoretisch. Ein niedergelassener Händler wie Gold&Co listet einen aktuellen Tagespreis auf seiner Webseite auf. Zum Zeitpunkt dieses Artikels waren das “14 Karat Gold 16.678,00 EUR / Kg”, also etwa 15 Prozent unterhalb des Spot-Kurses.
5 * 16.678/1000 = 83,4 Euro
Das ist aber immer noch nicht ganz der Preis, den ich hierfür bar auf die Hand bekommen würde.
Denn es ist nicht alles Gold was glänzt. Je nach Beschaffenheit des Gegenstandes ziehen Händler noch bis zu 10% für “Schmelzverlust” ab. Beispielsweise bei Halsketten oder Objekten mit vielen Hohlräumen können sich da Hauptschuppen festsetzen, die in Summe das Gewicht erhöhen. Genauer wird die Gewichtsfeststellung, wenn man vor der Einwaage des edlen Gutes eine Behandlung im Ultraschall-Reinigungsbad vornimmt um menschliche Bestandteile zu entfernen.
Fälschungen
Die obigen Ausführungen setzen natürlich voraus, dass man echte Edelmetalle in Händen hält und nicht etwa sogenanntes “Autobahn-Gold”.
Es soll schon vorgekommen sein, dass Leute auf einer Autobahn-Raststation von jemandem angesprochen wurden, der erklärte in einer Notlage zu sein. Er brauche dringend Benzin, hätte aber nur einen fetten Gold-Ring anzubieten. 200 Euro wären da ein fairer Preis für den Klunker, der ja obendrein auch eine Punzierung hat und deswegen “echt sein muss”. Nur dass sich diese Geschichte vor dem Experten dann als Betrug herausstellt: der Ring ist aus Kupfer mit einer dünnen Goldschicht. Die Punzierung gefälscht.
Ein Händler kann leicht die Echtheit des Goldes feststellen indem er einen Test mit Abrieb und Säure durchführt. Dies wird aber eher nur bei Schmuck durchgeführt.
Bei Münzen und Barren ist die Echtheit “Glaubenssache”. Bei Münzen ist es der gute Name der Münze Österreich, bei Goldbarren gibt es zumeist ein Zertifikat mit Seriennummer. Bei Mengen unter 500 Gramm sind diese zusätzlich in Plastik verschweisst. In manchen Fällen wird sogar ein Hologramm direkt auf das Gold aufgebracht um Fälschungen den Riegel vor zu schieben.
Kupferblüten
Ein weiteres Wert-Risiko stellt das in Gold-Dukaten verwendete Kupfer dar. Dieses kann bei sub-optimaler Lagerung oxidieren und bildet dann eine sogenannte “Kupferblüte” aus. Man sieht einen kupferfarbige Punkt auf der goldfarbigen Münze, mit anderen Worten einen Rost-Fleck.
Kupferblüten wie fehlende Barren-Zertifikate haben die gleiche Problemlösung: Das Metall wird eingeschmolzen und neu geformt. Deswegen zahlen Händler dann nur den Schmelzgold-Preis, der unter dem von Barren oder Münzen liegt.
Daher lohnt es sich darauf zu schauen, dass bei den Münzen nichts oxidieren kann. Keinesfalls sollte man diese im Badezimmer aufbewahren. Sollte man jemals Goldbarren kaufen, sollte man auf die Zertifizierung Wert legen, damit der Wert gesichert bleibt.
Wie Tag und Nacht
Die Händler für Edelmetalle sind sehr vorsichtige und diskrete Leute. Dies liegt wohl in der Natur der Branche. Um je mehr es geht, umso grösser sind die Unterschiede in der Behandlung.
Bei den Recherchen für diesen Artikel war ich zuerst bei Juwelen Wiesinger auf der Mariahilfer Strasse, wo ich zwei Silberketten um 5 Euro veräußerte. Schon bei der zweiten Frage die ich stellte wurde mir nahegelegt wo anders hin zu gehen, denn die beiden älteren Damen würden sich “unter 100 Euro nichts antun” wollen. Sie sagten mir durch die Blume dass ich ihnen lästig wäre und den Kundenverkehr blockieren würden.
Überraschend positiv hingegen war meine Interaktion mit Gold&Co auf der Währingerstrasse. Dort stand mir der Herr Lipinski bereitwillig Rede und Antwort und ich fühlte mich rundum gut betreut.
Allen Händlern gemein ist, dass man sich als Verkäufer ausweisen muss. Mit Unterschrift musste ich erklären, dass die “Einlösung gebrachten Gegenstände mein Eigentum sind und ich zu deren Verkauf berechtigt bin”. Der Händler sichert sich so ab und schreckt zwielichtige Individuen ab.
Beim Kauf- und Verkauf von Gold gilt derzeit eine Anonymitätsgrenze von 15.000 Euro, die aber Mitte 2015 auf die Hälfte gesenkt werden soll. Unter dieser Grenze ist man nur dem Händler bekannt, über dieser Grenze muss auch “die Finanz” von der Transaktion verständigt werden.
Fazit
Die Kurse für Edelmetalle schwanken täglich und daher sollte man, bevor man sich auf einen Verkauf einlässt, ein Bild davon verschaffen ob die Situation günstig ist. Dies kann man mit obiger Information leicht tun.
Der Text des eingangs erwähnten Liedes lautet in voller Länge:
1. Gold und Silber lieb’ ich sehr, kann’s auch gut gebrauchen,
hätt’ ich nur ein ganzes Meer, mich hineinzutauchen,
’s braucht nicht grad’ geprägt zu sein, hab’s auch so ganz gerne,
[: sei’s des Mondes Silberschein, sei’s das Gold der Sterne. :]
Manchmal reicht einem auch das Silber des Mondes oder das Gold der Sterne.
Ich habe gezeigt, dass es keiner Hexerei bedarf, physisches Gold und Silber zu verkaufen. Die Erfahrung lehrt aber, dass man besser zu Händlern geht, die einen freundlich und korrekt behandeln. Dann ist die Erfahrung nicht nur einträglich, sondern auch erfreulich.
One Response to Gold und Silber lieb ich sehr …