Mit Maß und Ziel

Eine Verkettung von Zufällen führte dazu, dass ich eine Maß-Greißlerei entdeckte.

Und das kam so. Mein Freund Christian war bei mir zu Besuch und brachte Frühstück mit, weil er mich nach meiner Meinung zu diversen Ideen zum Benutzerinterface einer App befragen wollte, an welcher er gerade arbeitet. Meine Meinung im Eintausch gegen netten Besuch und Frühstück, das ist ein Deal den ich gerne eingegangen bin.

Tinder

Unter anderem zeigte mir als Beispiel für eine tolle UI die Social-Dating App Tinder. Ich meldete mich sogleich mit meinem Facebook-Konto an um das auszuprobieren, bin ich ja seit einiger Zeit geschieden und wieder auf der Partnerinnen-Suche. Bei Tinder sieht man Fotos von anderen Facebook UserInnen in seinem Umkreis und kann dann sagen ob man sie mag oder nicht. Wenn zwei ich mögen, dann stellt Tinder den Kontakt her.

Soweit die Theorie. Denn in der Praxis habe ich trotz hunderter Likes nur zwei Matches geschafft, die aber auf meine Nachrichtigen nicht antworten. Tinder ist eine witzige Idee, aber es hapert an der Motivation der Österreicher.

Dann dachte ich mir “wäre doch witzig, wenn man da beim tindern zufällig jemand vorgeschlagen bekommt, den man kennt”. Na prompt finde ich da eine Bekannte aus meiner Zeit in Klosterneuburg, welche ich auch in meinen Facebook-Kontakten hatte. Ich chattete ich sie via Facebook Messenger an um sie zu befragen, ob sie tatsächlich auf der Suche sei. Sie bejahte dies, meinte aber auch dass sie “inaktive Tinder Userin” sei. Es dürfte so sein, dass viele Leute nach einer anfänglichen Phase der Euphorie Tinder dann nur mehr öffnen, wenn ihnen wirklich fad ist.

Sie sei selbst auch seit einem halben Jahr wieder Single. Ich habe mir selbst die Aufgabe gegeben mich mit selbstbewussten Frauen zu treffen und zu unterhalten, um das zu üben und selber selbstbewusster zu werden. So überredete ich sie zu einem Treffen beim Abendessen im Sparky’s. Wir tratschten über Gott und die Welt, über alte Zeiten und verflossene Beziehungen.

Wie durch Zufall erwähnte sie dann die Maß-Greißlerei, wo sie selbst begeisterte Kundin sei. Es gibt da so eine esoterische Weisheit, dass einem immer jene Menschen begegnen, die eine Botschaft für einen haben. Wir kuderten darüber, dass vielleicht dies genau die Botschaft für mich wäre, während wir zum Salsa-Tanzen im ehemaligen Floridita weiterzogen.

Küchen-Design

Zwei Wochen zuvor putzte ich meinen Kühlschrank und merkte, dass ich einige Plastikteile ersetzen sollte. In meinen Unterlagen fand ich den Namen der Küchen-Design Firma die meine Küche gestaltet hatte, wie kann es anders sein mit dem bezeichnenden Namen Küchen Design. Natürlich hätte ich die Teile direkte bei Neff bestellen können, aber stattdessen wandte ich mich vertrauensvoll und telefonisch an meinen Designer.

Die dortige freundliche weibliche Stimme sagte mir, dass ich nur Fotos der zu Bestellenden Dinge mailen müsse und Sie würde sich darum kümmern. Was ich tat, auf zwei Portionen. Dann kam zunächst ein Anruf vom Chef, der mir auf die Mobilbox sprach, dass ich es doch genausogut bei Neff bestellen könnte…

Ich rief zurück, bekam wieder die nette weibliche Stimme, und dieser erklärte ich, dass mir lieber wäre, wenn sie das für mich organisiert, insbesondere weil ich mich unter der Woche an verschiedenen Orten aufhalte und es daher blöd wäre, wenn die Lieferung kommt, ich sie aber nicht annehmen kann.

Wenige Tage später kam die Benachrichtigung dass alle Teile eingetroffen wären. Am folgenden Samstag fuhr ich zur Abholung und freute mich in mehrfacher Hinsicht. Obwohl meine Küche 13 Jahre alt ist, habe ich immer noch eine grosse Freude damit. Ich freute mich, dass eine gute Firma wie Küchen Design immer noch lebt. Und dann freute ich mich festzustellen dass der Herr Knoglinger, welcher meine Küche tatsächlich designed hatte, immer noch bei dieser Firma tätig ist.

Natürlich erinnerte er sich noch an mich, als ich dort hereinschneite. Ich drückte meine mehrschichtige Freude – wie oben erläutert – aus und dann fragte mir der Designer ob die Frau von der ich mich scheiden liess auch die gleiche war, welche die Ausführung der Küche gemanagt hatte. Was ich verneinte.

Küchenplan

Daheim nahm ich den Küchen-Plan (ein historisches Dokument!) zur Hand und tatsächlich fand sich dort der Nachname meiner damaligen Lebensgefährtin. Ich erinnere mich dumpf, dass ich da lange gezögert hatte, weil es viel Geld war. Aber Angelina, die zu dieser Zeit auch bei mir wohnte, hatte dann darauf gedrängt. So ging ich mit ihr einen Handel ein: wenn sie es organisieren würde, dann würde ich es bezahlen. Das war im April 2001, 4 Jahre nach dem Kaufdatum meiner Wohnung.

Die fehlende Würze

Ein Detail, welches mein Küchen-Designer integriert hatte, war eine umlaufende Reling. Auf dieser gab es Haken um etwas aufzuhängen und ausserdem 13 Gewürz-Streuer. Ich hatte zwar einige davon spärlich in Verwendung, aber die meisten Zeit lagen sie brach. Als ich dann im September 2012 meine Wohnung einem Studenten zur Benützung überlies, hingen die leeren Streuer auf der Reling, Zeugnis ungenützten Potential.

Wenn man, so wie ich gerade, versucht sein Leben wieder in die Balance zu bekommen, dann hilft es, wenn man nach ungenützten Potentialen sucht. Meist sind das irgendwelche Gegenstände, die man vor langer Zeit mal angeschafft hat, weil man sie “unbedingt braucht”. Und dann sollte man eine Entscheidung treffen: entweder man nützt das Potential oder man gibt die Gegenstände weg.

Im Falle meiner Gewürzstreuer liegt die esoterische Verbindung auf der Hand. Keine Würze in der Küche, keine Würze im Leben. Und weil ein anderes Sprichwort meint dass Liebe durch den Magen geht, sind negative Auswirkungen auf mein Liebesleben durch die fehlenden Gewürze auch nicht auszuschliessen.

Es musste also etwas geschehen und da kam mir die frohe Botschaft von meiner Single-Bekannten gerade recht. Ich wusch noch mal alle Streuer in der Geschirrspülmaschine, denn durch ihre Lage nahe des Herdes hatten sie einen klebrigen Belag entwickelt. Dann fuhr ich zur Greißlerei … allerdings im ersten Anlauf erfolglos, da diese extra Urlaubstage über Ostern eingelegt hatten.

Lunzers Maß-Greißlerei

Beim zweiten Anlauf klappte mein erster Besuch bei Lunzers. Das Geschäft liegt unweit des Pratersterns einige Schritte entlang der Hegelstrasse. Gleich beim Betreten des Geschäftes ist klar, dass dies ein ungewöhnlicher Laden ist. Dies wird dadurch verstärkt, dass immer wieder Schaulustige ihn betreten und ihr Entzücken entsprechend verbal kundtun. Die paar Kunden, die ich so im Augenwinkel beobachtete, schienen mir sehr “bio-interessiert” zu sein. Was aber auch irgendwie logisch ist, denn wer kauft schon ohne Verpackung, wenn nicht Menschen die auch sonst auch einen Hang zum ökologischen haben.

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Der erste Tisch, vor dem man steht wenn man durch die Tür kommt, finden sich kugelförmige Behälter mit allerlei Gewürzen und Tees. Es gibt verschiedene Essige und Öle zu zapfen, frisches Gemüse, Milchprodukte, Eingelegtes, Marmeladen, ja sogar einige Bio-Biere und -Weine. Besonders faszinierte mich die Idee, auch Butter nach Maß zu kaufen, weil insbesondere als Single man mit kleineren Mengen als den üblichen Packungsgrössen das Auslangen findet. Allerdings hatte ich nur einen kleinen Rucksack mit meinen Streuern mit und noch andere Wege, weshalb ich bei diesem Besuch noch nichts kaufen wollte, das Kühlung bedarf.

Ich hatte zuvor auf Facebook und Twitter gefragt, welche 13 Gewürze ich mir anschaffen sollte. Alex und Manuel empfahlen mir zwei Listen, nach denen ich beim Einkaufen vorging. 

Bei Lunzer hat man mehrere Möglichkeiten für den Transport der Güter nach Hause. Entweder man bringt selbst ein Behältnis mit, welches dann leer gewogen wird. Oder man kauft ein Glas von Lunzer. Oder man ist mit meiner Papiertüte zufrieden. Man kann auch Kaffee und Kuchen vor Ort zu sich nehmen. 

Den Anfang machte meine grosse Pfeffermühle. Ich hatte in diese nur mal so eine 3-Farben-Mischung reingetan, mit der sie sich aber schwer getan hatte: das Mahlen ging schlecht und es kam zu wenig dabei raus. Ausserdem sind ist eine der drei Farben ja gar keine Pfeffersorte, und ich bin gegen solche Unehrlichkeit…. gefüllt mit 560 Gramm schwarzen Pfefferkörnern funktioniert die Pfeffermühle jetzt wieder perfekt!

Meine größte Sorge war, als Küchen-Laie, dass ich ähnlich aussehende Gewürze nicht unterscheiden könnte. So bat ich eine Verkäuferin, dass sie mir die Streuer entsprechend beschrifte, was sie gerne tat. Die Etiketten haben den Namen der Greißlerei, Datum, Inhalt und das Gewicht des leeren Behältnisses. Aus Gründen der Symmetrie liess ich sie auch das Salz beschriften.

Die Verkäuferin machte dann noch ein Foto meiner Streuer-Kollektion und begründete dies damit, dass noch keiner mit so viel Gewürz-Streuern auf einmal bei ihnen gewesen war. Ich höre das gerne, wenn ich quasi Pionier bei irgendwas bin. Bei mir daheim schauten die Einkäufe so aus. 

Maß-Einkäufe

Ich hatte auch zwei grosse Einmachgläser mit dabei, mit viel potentiellem Freiraum, der nach Füllung verlangte. Auf dem Gewürztisch fand ich Popcorn für das eine. Als mein Blick dann unterhalb der Getreideflocken über das Angebot strich entfuhr mir ein Aufschrei der hellen Begeisterung. Lunzers hat auch geröstete und gesalzene Sojabohnen!

Knabbersoja ist ein toller Snack in dem ich mich, auf gut Wienerisch, eingraben kann. 42% Eiweiß, 19% ungesättigte Fettsäuren, 9% Ballaststoffe. Einziger Nachteil: leider auch ein paar Kalorien, sonst könnte ich davon unendlich knabbern. 526 kcal pro 100g. Sprich das Glas auf dem Foto wäre so etwa mein Tageskalorienbedarf.

Ich hatte das Knabbersoja bisher immer bei Herbalife gekauft, 258 Gramm (12 Packungen á 21,5 Gramm) zu 19 Euro Endkunden-Preis. Bei Lunzers zahlte ich für 308 Gramm nur 6,78 Euro. Also zirka ein Drittel. Damit ist klar, wo ich das in Zukunft beziehen werde.

Ich hatte das Geschäft schon verlassen, machte aber nochmal auf dem Absatz kehrt, weil ich ja noch ein Öl für das Popkorn brauchte. Da wurde mir Sonnenblumenöl empfohlen, weil dieses gut hitzebeständig sei. Man zapfte mir 500 ml in eine Lunzers Flasche. Dann verließ ich das Maß-Lebensmittel-Geschäft, mit dem festen Vorsatz bald wieder einkaufen zu kommen.

Popcorn Pfanne

Ich hatte mir zu Mittag eine Portion Iglo-Röstgemüse zubereitet und als ich meine Pfannen sichtete musste ich feststellen, dass die kleine beschichte Pfanne eigentlich nicht mehr zu gebrauchen ist. Durch langfristige Misshandlung hatte die Beschichtung richtiggehende Löcher bekommen. Somit war diese Pfanne am Ende und ich brauchte Ersatz. Kann ja nicht sein, dass ich als Single nichts zum Braten habe…

Beim WMF auf der Mariahilfer fand ich qualitativ hochwertigen Ersatz. Und damit auch dieser “Topf einen Deckel findet”, kaufte ich einen solchen aus Glas gleich dazu. Bei WMF passen alle Deckel auf Pfannen mit dem gleichen Radius. So stellte ich zu Hause erfreut fest, dass diese auch auf meine WMF-Edelstahl-Pfanne perfekt passt.

Dass ich auch einen Deckel kaufen würde, hatte ich zu Mittag noch nicht geahnt. Aber der Erwerb von rohem Popcorn hatte mich dazu inspiriert. Nach dem Abendessen machte ich mir zur Einweihung von Pfanne und Deckel eine kleine Portion frisches Popcorn.

Bei aller tollen Ausstattung fehlt jetzt nur mehr, dass ich damit auch etwas koche. Bei Lunzers empfahl mir die Verkäuferin Erdäpfelgulasch. Das würde leicht gehen, und ausserdem “kann man es immer wieder aufwärmen”, was es zur perfekten und günstigen Speise für Singles mache. Ich habe mich bisher eher vor Kartoffeln gedrückt, weil mir die Schälerei nicht ganz geheuer ist und dass man sie Kochen muss, damit sie genießbar werden. Aber jetzt habe ich eine neue Mission: ich muss lernen Erdäpfelgulasch zu kochen.

Freiwillige vor! Wer kann mir das beibringen? Wer will das mit mir kochen? Wer will das essen kommen?

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