Tucholsky wußte es schon 1930

.. oder doch nicht? Im Internet wird derzeit untenstehendes Gedicht kolportiert und behauptet, dass es der deutsche Journalist und Gesellschaftskritiker Kurt Tucholsky (1890-1935) in der Wochenzeitrschrift “Die Weltbühne” veröffentlicht haben solle. Kommt uns das irgendwie bekannt vor?

Wenn die Börsenkurse fallen,
regt sich Kummer fast bei allen,
aber manche blühen auf:
Ihr Rezept heißt Leerverkauf.

Keck verhökern diese Knaben
Dinge, die sie gar nicht haben,
treten selbst den Absturz los,
den sie brauchen – echt famos!

Leichter noch bei solchen Taten
tun sie sich mit Derivaten:
Wenn Papier den Wert frisiert,
wird die Wirkung potenziert.

Wenn in Folge Banken krachen,
haben Sparer nichts zu lachen,
und die Hypothek aufs Haus
heißt, Bewohner müssen raus.

Trifft’s hingegen große Banken,
kommt die ganze Welt ins Wanken –
auch die Spekulantenbrut
zittert jetzt um Hab und Gut!

Soll man das System gefährden?
Da muss eingeschritten werden:
Der Gewinn, der bleibt privat,
die Verluste kauft der Staat.

Dazu braucht der Staat Kredite,
und das bringt erneut Profite,
hat man doch in jenem Land
die Regierung in der Hand.

Für die Zechen dieser Frechen
hat der Kleine Mann zu blechen
und – das ist das Feine ja –
nicht nur in Amerika!

Und wenn Kurse wieder steigen,
fängt von vorne an, der Reigen –
ist halt Umverteilung pur,
stets in eine Richtung nur.

Aber sollten sich die Massen
das mal nimmer bieten lassen,
ist der Ausweg längst bedacht:
Dann wird bisschen Krieg gemacht.”

Tatsächlich stammt es aber (danke Harald!) aus der Feder des Österreichers Richard Kerschhofer, so die Recherche der Presse. Es war nur unglücklich neben einem Gedicht von Tucholsky zu finden gewesen, was dieses Gerücht zur Folge hatte. Enttäuscht sollen es mehrere Sozialisten aus ihren Publikationen gelöscht haben, als sie erfuhren, dass es nicht aus ihren Kreisen stammt, sondern tasächlich eher aus dem “rechten Lager”.

Doch auch wenn das Gedicht nicht 100 Jahre alt ist, fasst es dennoch die Ursachen der aktuellen Finanzkrise sehr schön zusammen. Mir hat es gefallen.

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Täglich ein neuer Ruin

Ich muss ehrlich gestehen, dass uns Investoren die letzten Tage
an der Börse wieder wenig Glück gebracht haben. Nahezu
alles wird weiter leerverkauft und das sorgt naturgemäß
für eine fallende Tendenz. Dabei frage ich mich, wer wirklich
so blöd sein kann, auf diesem Stand noch verkaufen zu
wollen.

Es sind im Grunde folgende 3 Faktoren, die aktuell zu dieser
instabilen Situation führen.

  1. Leerverkäufe
  2. Zwangsverkäufe
  3. Gier / Angst

Leerverkäufe (Short Selling)

Ich habe die Ohren gespitzt, als letztes Monat unsere Politiker
angedacht haben,
das Leerverkaufen zu verbieten
. Allerdings schein das in
Österreich doch nicht umgesetzt worden zu sein. Ein
Aktionär hat normalerweise die Bestrebung seine Papiere zu
halten, damit sie irgendwann mal mehr wert sind, als zum
Kaufzeitpunkt. Ein Leerverkäufer, der mit fallenden Kursen
rechnet, kennt da keine Skrupel, sich irgendwo Aktien auszuborgen,
diese zu verkaufen, etwas später zu einem günstigeren
Kurs wieder einzukaufen und zu retournieren. Dies hat unmittelbar
den Effekt, dass in einem nervösen Markt nochmal viel mehr
Angebot da ist als Nachfrage, was den Kurs drückt.

Hier wäre wirklich die Politik gefragt, Leerverkäufe
für einige Zeit, für instabile Aktien auf jeden Fall,
besser noch für lange Zeit oder immer zu untersagen. Aber die
Großparteien koagulieren ja lieber, als dass sie so eine
heiße Kartoffel angehen.

Zwangsverkäufe

Man sollte es zwar nicht, auch nicht in guten Zeiten tun, mir
sind einige Leute bekannt, die dennoch unmittelbar benötigtes
Geld in Aktien “geparkt” haben. Nur das innerhalb von 2 Monaten
jener Parkplatz von Größe eines Hummers auf den eines
Dreirads geschrumpft ist. Das ändert aber nichts daran, dass
dennoch die Küche gekauft werden muss, oder
Weihnachtsgeschenke, oder ein neuer Computer.

Sind es im “günstigen” Fall noch Konsumentscheidungen, die
man im worst case noch verschieben kann, sitzen vielen Leuten jetzt
auch neuerdings die Banken im Nacken, die sich nach allen Regeln
der Kunst abzusichern versuchen. So bekam ich letzte Woche den
ominösen Anruf meiner Bank, ich möge doch bitte ab sofort
200 Euro zusätzlich monatlich ansparen, damit sich die Tilung
meines Kredites in 10 Jahren ausgeht, dabei hätten sie –
gnädigerweise – für das bestehende Depot bereits 4,5%
Wachstumserwartung einkalkuliert.

Ich werden in meinem Fall das Geld vermutlich irgendwie
aufbringen können. Wer das aber nicht kann, der ist gezwungen
Geld flüssig zu machen um einen Teil seiner endfälligen
Darlehen zu tilgen, was insbesondere dann klug ist, wenn die Zinsen
dafür mehr als 4,5% ausmachen.

Oder wenn jemand unguterweise gerade jetzt vor Weihnachten
aufgrund von Personalabbau seinen Job verliert? Möglicherweise
reichen dann nicht die bis zu 1300 Euro, die man vom AMS bekommt um
alle Verpflichtungen abzudecken. Wiederum heisst dies an die
Ersparnisse zu gehen. Von einem Sparbuch sind die schnell
abgehoben, aber steckt das Geld in Aktien, dann geht das nur mit
herben Verlusten.

Gier / Angst

Es heißt, das bereits die Hälfte des gehandelten
Volumens von Computern kontrolliert wird. Der Fondsmanager gibt
eine Gewinnerwartung ein, z.B. 10% reichen üblicherweise um
den ATX zu outperformen. Sobald der gewünschte Jahresgewinn
erreicht ist, wird er mitgenommen. Das zahlt sich aus für alle
diejenigen Marktteilnehmer, die minimalste Gebühren bezahlen
und Firmen, die für unterjähriges Handeln sowieso Steuern
zahlen müssen. Als Privatperson muss ich je nach
persönlichem Einkommenssteuersatz bis zu 50% abgeben. Als
Firma sind es maximal 25%, denn so hoch ist die
Körperschaftssteuer. Obendrein haben Finanzunternehmen viel
größere Beträge zur Verfügung, weshalb nicht
nur der relative Gewinn, sondern auch die absolute Zahl viel
größer sein.

Ich als Privatperson hingegen kann es mir wegen Gebühren,
Steuern und Emotionen keinesfalls leisten, bei 10% schon wieder aus
einer Aktie auszusteigen. Will ich meine 50% Verluste wieder
wettmachen heißt dass, dass meine Aktie 200% steigen muss.
Bekannt ist die Weisheit: bei einer Aktie kann man tausende Prozent
gewinnen, aber immer nur 100% verlieren. Ja, die Magie der
Prozentrechnung.

Es sind also hauptsächlich Computerprogramme und
Finanzfirmen daran schuld, dass unser Markt instabil ist. Ein paar
gescheite Leute haben vor einem Jahr schon in fixverzinsliche Titel
umgeschichtet. Einer von den Glücklichen kassiert von mir
für ein privates Darlehen 6%. Vor einem Jahr noch hatte ich
mir gedacht, dass ich die 6% locker an der Börse verdienen
kann, heute bin ich mir da nicht mehr so sicher.

Die zweite Hälfte ist psychologisch und ich nenne sie
“Angst”. Es gibt zwar zu jeder Zeit immer noch wen, der ein
x-beliebiges Papier zu jedem noch so niedrigen Kurs zu kaufen
bereit ist, derer sind aber nur sehr wenige und ihre
Kurswünsche sind hoch-spekulativ nach unten. Es wird auch
immer jemanden Geben, der zu jedem Kurs verkaufen will oder muss.
Will er seine Aktien loswerden, muss der “market” verkaufen, also
den angebotenen höchsten Kaufkurs akzeptieren.

Doch immer, wenn so etwas geschieht, dann stellt die Börse
einen Kurs fest, den die ganze Welt mit spätestens 20 Minuten
Verzögerung auch sieht. Genau diese Kurse beeinflussen aber
wiederum die Käufer und Verkäufer insofern, als dass die
Käufer ihre Dumping-Kurs-Wünsche noch weiter nach unten
schrauben, weil ja offensichtlich das verzweifelte Angebot da ist.
So beißt sich die Katze in den Schwanz.

Fazit

Leider können wir private Anleger da rein gar nichts
machen. Es sei denn irgendwer von Euch kennt den Faynmann
persönlich und kann ihm stecken, dass er was bei den
Leerverkäufen unternehmen sollte. Uns bleibt nur der
österreichische Weg: sich über die Banken ärgern und
darüber schimpfen, wie sie die Krise nützen um noch
reicher zu werden. Und wenn man mit dem Schimpfen fertig ist, dann
nimmt man ein Schlafmittel und schaut sich sein Depot erst in einem
Jahr wieder an. Das, oder man bunkert größere Mengen an
Johanneskraut-Tee und Baldrian.

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Film: James Bond – Quantum of Solace

Ehrlich gesagt, der neue James Bond hat mich leicht enttäuscht. Kein Q, keine Bond-typischen Gadgets, nur ganz wenig Verführung von schönen Frauen. Bond ist so realistisch wie noch nie zuvor. Es gilt keinen einzelnen Super-Bösewicht zur Strecke zu bringen, sondern vielmehr etwas über die neue subversive Organisation namens “Quantum” herauszufinden. Hierfür knüpft Quantum of Solace gleich am Ende von Casino Royale an.

Der Realismus der Schauplätze erfreut einem ganz besonders das Auge. Schön für uns Österreich ist, dass die Festspielbühne in “Brähgäns” vorkommt und viele schöne offensichtliche Österreicher. Leider ist auch der Humor sehr knapp gehalten, der lustigste Witz ist noch, dass ein korrupter Mann am liebsten in Euro bezahlt werden will, der Dollar sei nicht mehr, was er einmal war, aufgrund der Kriege…

Der neue Bond Film zeigt deutlich, wohin die Entwicklung des Franchises gehen soll, der moderne Kino-Besucher erwartet auf eine Weltreise mitgenommen zu werden und wenn es Gadgets gibt, dann nur solche, von denen man sich vorstellen könnte, dass sie wirklich existieren. Wie zum Beispiel der digitale Tisch, auf dem die Leute von MI6 Daten und Fotos mit Handgesten herumschupfen. “Multi-Touch” versteht sich, daran wird ja geforscht.

Der Bond von heute ist nicht mehr charmant wie Sean Connery oder Roger Moore. Er ist “tough” wie Daniel Craig, gut eingekleidet von Tom Ford und wenn er seinen gestählten Oberkörper für die zuschauenenden Damen entblösst, dann sieht man unzählige Narben. Nebenher läuft, schießt, springt, küsst und schlägt er sich durch, unbeirrbar sein Ziel verfolgend.

Quantum of Solace ist anders, als wir es von Bond gewohnt sind. Aber was soll’s, in Zeiten wie diesen nimmt der Bond-Fan, was er kriegen kann. Dass Bond wieder kommt ist sicher wie das Amen im Gebeht, obendrein sagen es auch die Credits “James Bond will return.”

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USA steigt auf die Barrack-aden

Mit mehr als doppelt so vielen Wahlmännern wie sein Gegner McCain wurde Barrack Obama von CNN eben als neuer gewählter Präsident der USA ausgerufen. Noch will man es nicht so ganz glauben, kann das seltsame Wahlmänner-System doch noch irgendwie das Ergebnis umdrehen? Kann es wirklich sein, dass die Amis erstmals in der Geschichte einen schwarzen Demokraten zum Präsidenten gewählt haben?

Ein sehr interessanter “Change”. Die Politik des W. Bush wurde eindrucksvoll abgewählt. Hoffentlich überlebt der Kandidat, mehrere Amerikaner, die ich zu dem Thema vor einiger Zeit interviewed hatte, rechneten zwar mit Obama als Gewinner, sagten aber voraus, dass er im ersten Jahr seines Amtes auch gleich wieder einem Attentat zum Opfer fallen würde. Tatsächlich gab es laut den Medien zumindest “2 vereitelte Attentate”. Es war dieser latente weiss-christliche KKK-Fundamentalismus, der uns Europäer einen kalten Schauer über den Rücken lief, beim Gedanken, dass dieser sich in den USA durchsetzen könnte.  Der lange dominierende “Neo-Konservatismus” ist endlich wieder out, USA ist doch anders.

Um 5:30 MEZ hat John McCain seine Rede zur Niederlage gehalten. CNN zeigte Dutzende enttäuschte blass-weisse Gesichter. Logisch, dass McCain sich jetzt augenscheinlich hinter Obama stellt. Er dankte seiner Vize-Partnerin Sarah Palin, die wir vermutlich schon Ambitionen zeigt, bei nächster Gelegenheit selbst zu kanditieren. Palin war für viele Amerikaner ein Schlag ins Gesicht.

Jedenfalls gibt es weltweit ein hörbares Aufatmen, denn mit Obama soll vieles anders werden. Mitten in die Finanzkriese fiel sein Wahlkampf und brachte ihm einen Gutteil der zusätzlichen Stimmen, die sich nicht mehr für das Kernthema der Republikaner  “Sicherheit” interessieren und den “Krieg im Irak zu gewinnen”. Der neue Patriotismus ist gemischtfarbig.

Grosser Kontrast hierzu bei der demokratischen Siegesfeier: sie begann 15 Minuten nach der Rede von McCain mit einer schwarzen Soul-Sängerin, die die Nationalhymne vortrug. CNN zeigte eine buntes ausgelassenes Menschenmeer, zwischendurch aufgelockert durch prominente Gesichter, die sich öffentlich auf die Seite von Obama gestellt hatten, wie z.B. Oprah Winfrey.

Obama steht dafür, viele Schritte der Liberalisierung wieder ungeschehen zu machen. Mehr Staat, weniger Privat. Vielleicht doch jetzt endlich ein funktionierendes Sozialsystem, wo nicht mehr viele Menschen trotz eines fixen Einkommens

6 Uhr: die Siegesrede. Nichts besonderes, aber der neue Slogan soll sein “Yes, we can!”

Tatsächlich könnte es ihm es wirklich gelingen viele Reformen durchzubringen, denn auch “House” und “Senate” dürften nun in der Hand der Demokratischen Partei landen. Der Präsident von Kenya ließ einen Feiertag ausrufen, die Börse in Japan stieg 6% an.

Das ist es wohl auch, was wir Europäer als unmittelbaren Effekt der amerikanischen Richtungsänderung erleben werden. Die Hypothekenkrise hatte ihren Ursprung in der ausufernden Liberalisierung des Kapitalmarktes der USA. Obama wird es jetzt nicht alleine richten können, aber er trägt die Hoffnung der Welt, dass die große Bruder in Übersee wieder zur Besinnung gekommen ist.

Der erste Schwarze im weißen Haus gibt der ganzen Welt einen interessanten Impuls. Jedenfalls brauchen wir uns jetzt nicht mehr vor dem “schwarzen Mann” zu fürchten, denn dieser ist es der mit seiner Fackel der Hoffnung den amerikanischen Leuchturm neu entzünden will.

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In reale Werte investieren

Denken wir mal über folgenden finanziellen Ratschlag nach:

“Wer vor einem Jahr 1.000 Euro in Immofinanz Aktien anlegte, hat jetzt 100 Euro.
Wer für 1.000 Euro Stiegl (Bier, keine Aktien) besorgte, alles austrank und die Pfandflaschen zurückgab, bekam dafür 60 Euro Pfand.”

Ich würde mal sagen, beides braucht man etwa ein Jahr. Beides hängt einem dann zum Hals raus und beides macht einen schweren Kater. Beim Bier hätte man zumindest noch die Möglichkeit für kurze Zeit einen stark vergrößerten Freundeskreis zu haben, die einem helfen mit dem Bier fertig zu werden. Bei Immofinanz muss man die Talsohle alleine überqueren, während man sich Vorwürfe macht, nicht rechtzeitig ausgestiegen zu sein.

Mag sein, dass unter diesem Gesichtspunkt das Bier die angenehmere Wahl darstellt, aber meiner Meinung nach stärkt nichts so sehr den Charakter, wie Immofinanz-Aktien zu halten und damit zu rechnen, dass sie bald wieder 10 Euro das Stück kosten werden, weil dies dem realen Wert an den Besitztümern der AG entspricht.

Warum ich immer Werbung für Immofinanz mache? Sie ahnen nicht, wie sehr MEIN Charakter schon gestärkt wurde.

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