Die wahren Profiteure der Krise

Roland aus Wien fragt stellvertretend für viele verunsicherte Anleger: “Ich vermisse Deine Kommentare zur aktuellen Börsensituation. Würde mich sehr interessieren wie Du darüber denkst!”

Danke für die Frage, Roland.

Meine Meinung ist, dass in letzter Zeit ein Haufen verängstigter Finanzschafe eine Handvoll weniger Leute steinreich machen wird. Dabei werden aber die Schafe nach Strich und Faden geschoren und blöken gelegentlich ein wenig verängstig und machmal auch ein wenig kleinlaut. “Mäh, ich bin jetzt arm, aber dafür ist mein Sparbuch sicher, blöck”

Dank der neuen unbegrenzten Einlagensicherung erlebt das Sparbuch in Österreich gerade eine Renaissance. Letzte Wochen wurden 10 mal so viele neue Sparbücher eröffnet als sonst. Na, die armen Banken haben ja gerade eh zu wenig Kapital.

Aktuell braucht eine Bank bei uns 4% Eigenmittel. Das heißt, dass sie für 4 Euro, die jemand bei ihnen auf ein Sparbuch legt (für magere Zinsen), die liebe Bank 100 Euro an Krediten (für fette Zinsen) vergeben kann. In der EU wird schon die kühne Forderung laut, man möge die Eigenmittelquote auf 8% anheben. Das kann man doch nicht verlangen! Da müssten die Banken ja schauen, dass sie mehr Sparbücher verkaufen…

Im Gegensatz zu den US Banken sind unsere heimischen Institute eigentlich nicht vom Untergang gefährdet gewesen. Bei uns finanziert einem die Bank maximal 80% vom Kaufwert einer Immobilie. In USA waren es teilweise bis zu 200%, denn der neue Hausbesitzer musste ja auch renovieren und neue Möbel kaufen. Diese Kredite wurden dann gebündelt und als Hochrendite-Anlageobjekte weiterverkauft. Das ging nur so lange gut, so lange der ursprüngliche Kreditnehmer seine Raten zahlen konnte. Doch es kriselte, ein paar Leute konnten eben nicht, es folgten Enteignungen, Entwertungen und wegen Uneinbringlichkeit dann die Abschreibung des Kredites. Zu meinen Lebzeiten waren bei uns solche abenteuerlichen Konstrukte noch nie möglich. Als ich damals in der amerikanischen Literatur davon las, beneidete ich die Amis für die lockere Kreditgebung. Jetzt nicht mehr.

Ok, Banken sind ok. Wie schaut es aus mit der Immofinanz? Deren Kurs wurde ja auch runtergeprügelt, wie kein anderer.

Gut schaut es aus. Hätte ich etwas Geld übrig, würde ich jetzt massiv Immofinanz-Aktien um 1 Euro das Stück kaufen. Als psychologischer Nebeneffekt der Kreditkrise in Amerika soll es nun auf einmal schlecht sein in Grund und Boden zu investieren? Ich kann nur den Kopf schütteln, denn ich weiß aus eigener Erfahrung, unspektakulär unspekulativ in Österreich Immobilienwerte bewertet werden. Der Sachverständige nimmt einerseits das, was das Bauen der Immobilie gekostet hat und zieht etwa 2% pro Jahr an Wertverlust ab. Das nennt man Sachwert. Dann nimmt er den Jahresmietertrag, sagt das sind 6% und errechnet 100% als den Ertragswert. Aus den beiden Werten nimmt er ein Mittel.

Der Ertragswert hat die angenehme Eigenschaft, dass er mit der Anpassung von Wieten an die Inflationsrate ständig steigt, weil wir ja nie eine Deflation haben. Somit wird jede Immobilie eigentlich jährlich mehr wert. So geht es auch der Immofinanz, längst ist die Summe der Aktien wesentlich weniger, als deren Immobilien nach obigem Schema wert sind. Wie nennt man so was? Schäppchen.

Obendrein hat die Immofinanz gerade eben erst eine Dividende von 40 Cent pro Aktie beschlossen. Das heisst, dass ich nächstes Jahr für eine Aktie, die aktuell rund 1,30 Euro kostet wahrscheinlich 40 Cent Dividende bekommen werde, von einem rasanten Anstieg, mit dem ich in den nächsten 12 Monaten rechne, ganz zu schweigen. 40 Cent von 1,30 Euro sind 30% Rendite.

Kann Immofinanz bankrott werden, weil die Aktie auf Null geht?

Nein, bankrott kann man nur werden, wenn man nicht mehr seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen kann. Der Immofinanz droht dies keinesfalls, denn sie kassiert monatlich gewaltige Summen an gewerblichen Mieten. Keine andere Firma ist so liquide. Schon gar nicht ist eine Firma bankrott, wenn eine Aktie keinen Käufer findet und daher kein Kurs zustande kommt, denn dann besitzt man durch die Aktie immer noch ein verbrieften Anteil an den wertvollen Immobilien des Unternehmens.

Obendrein ist es eine Frage der Psychologie, denn jeder Kurs, der zustande kommt bedeutet, dass es einen Käufer und einen Verkäufer gegeben hat. Der Käufer hielt die Aktie für günstig, der Verkäufer für teuer. Es wird immer wen geben, dem die Immofinanz-Aktie bei 1 Euro als totales Schnäppchen vorkommt, das ist auch der Grund, weshalb sie gestern und heute nicht unter diese Grenze gefallen ist. Es stimmt einfach nicht, dass “alle jetzt verkaufen”, auch wenn die Medien das behaupten. Stimmen tut nur, dass die Verkäufer im Markt derzeit mit dem Preis nach unten wesentlich flexibler sind, was natürlich den Kurs drückt. Gleichzeitig gibt es aber genau so viele Käufer.

Grund und Boden ist gerade in schwierigen Zeiten immer einem schnöden Sparbuch vorzuziehen. Sei es, via einer Immobilien-AG wie der Immofinanz, sei es, indem man selbst solchen erwirbt und bewirtschaftet.

Man möge denken, wer ein Sparbuch verpönt, der würde sich bei Anleihen zu Hause fühlen. Falsch gedacht. Gerade eben haben die Kontrollbanken den Leitzins gesenkt (vielleicht nicht zum ersten Male) und damit die Anleihen zusätzlich unattraktiviert. Na gut, vielleicht doch ein Sparbuch …

Manche Banken rufen derzeit gezielt verunsicherte Kreditnehmer an, die in einer fremden Währung Kredite aufgenommen habe. Man möge doch erwägen wieder in den Euro zu gehen. Nun, an einem Franken-Kredit verdient meine Bank nur 1,25%, in Euro wären das so um die 6%. Der andere Grund ist, dass sich die Banken derzeit selbst kaum trauen. Angeblich bekommt man derzeit nicht einmal einen neuen Fremdwährungskredit, weil die Bank nicht mehr in der fremden Währung refinanzieren kann. So schließt sich der Kreis wieder den doch nicht so armen Banken.

Tatsächlich werden die Banken die großen Profiteure sein, sobald die Krise vergangen ist: Mehr Eigenmittel. Mehr Zinsen im Euro. Weniger refinanzieren müssen. Noch mehr treue Kunden, denn dem kann man heutzutage noch in Geldfragen trauen? Natürlich den Banken, denn der Marmor in der Kassenhalle suggeriert einfach ewige Stabilität. Schön, dass ich auch Aktien zweier Banken im Portfolio habe.

An zweiter Stelle der Gewinner werden die Vermieter von Immobilien (z.B. Immofinanz) sein, denn als Resultat der Krise wird es etwas schwerer sein, ein Eigenheim zu finanzieren. Die Nachfrage nach Mietobjekten wird steigen und somit auch die Mieten. Und was habe ich oben über den Ertragswert gesagt?

Mein Rat an die Allgemeinheit ist: laßt doch bitte die Kirche im Dorf. Wer mit Verlust verkauft ist selber schuld. Wer sich jetzt an der Talsohle der Krise nicht massiv mit Schnäppchen eindeckt ebenso. Vorsichtigen Schätzungen zufolge haben wir jetzt den tiefsten Punkt erreicht, in maximal einem Jahr wird der Spuk vorbei sein.

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