In den letzten Tagen habe ich immer wieder mal Schmunzeln damit hervorgerufen, dass ich erst seit kurzer Zeit wieder ein Giro-Konto habe.
Wenn ich erzähle, dass es mir grossen Spass macht jeden Tag irgendwelche kleinen Überweisungen zu machen, dann offeriert mir regelmäßig jemand seine/ihre IBAN, damit ich ihm/ihr auch spontan Geld senden könne.
Man muss sich das mal vorstellen, ein fast 40 Jahre alter Mann und hat kein eigenes Konto! Eigentlich lachhaft, oder?
Die Finanzkrise traf mich im Oktober 2009 mit voller Härte. Ich hatte damals den überwiegenden Teil meines Vermögens in Immofinanz Aktien investiert. Vor dem Absturz hatte ich mir schon ausgerechnet, wie lange es noch dauern würde bis ich Euro-Millionär sei.
Meine Immofinanz-Aktien, die ich nie verkauft hatte, zeigen einen durchschnittlichen Einstiegskurs von rund 7 Euro. Mit obiger Grafik lässt sich der Verlauf meiner Finanz-Emotionen zwischen 2004 und heute erahnen.
Hochmut kommt vor dem Fall
Seit ihrer Markteinführung am 3.5.1999 hatte Immofinanz durch zwielichtige Pusher-Taktiken über viele Jahre hinweg ein konstantes Wachstum hingelegt und galt als der Geheimtip: die Rendite einer Aktie mit der Sicherheit einer Immobilie. Ein Immobilien-Fonds als Aktienbeteiligung. Ich ließ mir aber dieses Papier keineswegs durch einen AWD’ler aufschwatzen. Nein, ich suchte mir diese selbst aus.
Ab 2006 begann mein Aktien-Portfolio rasant zu wachsen, im Frühjahr 2007 pendelte Immofinanz um 12 Euro pro Stück und ich war Schilling-Millionär mit Ambitionen Richtung Euro-Millionär. Ich fühlte mich unverwundbar. Dann kam der Abstieg in zwei Etappen.
Erst korrigierte der Kurs auf mein Einstandsniveau. Da konnte man natürlich nicht aussteigen, mit Sicherheit würde sich der Kurs wieder erholen. Klar dass man das aussitzen müsste, denn wer in solch einer Situation verkaufen muss, der verliert.
Wenig später kam der wahre Absturz, Ende 2008 war die Aktie bei 36 Cent und mein Wohlstand war ausradiert. Und damit meine Lust mich um mein eigenes Geld zu kümmern. Es macht wenig Spass zu erleben, wie einem der Traum binnen weniger Tage wie Sand durch die Finger rinnt.
Vor dem Crash machte ich auf Privatier. Das ist eine noble Bezeichnung für jemanden, der nichts arbeitet. Ich kultivierte meinen inneren Großkotz. Nach dem Crash musste ich wieder für meinen Lebensunterhalt arbeiten. So gesehen hat mir das sicherlich geholfen wieder eine gesunde Einstellung zu Geld zu entwickeln. Wieder mit ehrlicher Arbeit produktiver Teil der Gesellschaft zu sein.
Im Mai 2009 heiratete ich eine intelligente, emphatische Frau die obendrein extrem gut darin war, Geld zu verwalten. So ernannte ich sie kurzerhand zu meiner “Finanzministerin”, kündigte mein Bankkonto bei der Easybank und freute mich, nie wieder mich um meinen Cashflow kümmern zu müssen.
Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt.
Frau Finanzminister
Sich nicht um seine Finanzen kümmern zu müssen war die meiste Zeit sehr entspannend, meine Gattin kümmerte sich um alle Zahlungen, plante das Urlaubsbudget und legte sogar noch etwas auf die hohe Kante. Gelegentlich musste ich sie allerdings bitten kleinere Überweisungen zu tätigen, wie zB meine Fallschirm-Halter-Haftpflichtversicherung.
Ich hatte zwar irgendwo einen Zugang zum gemeinsamen PSK-Konto, aber wenn man etwas nicht regelmäßig verwendet – weil es einem nicht wichtig ist – dann verliert man es. Ebenso ging es mir mit den TANs die für die Ausführung von Überweisungen nötig gewesen wären.
Es dämmerte mir da immer wieder mal, dass ich eigentlich ziemlich unselbständig war.
Die Situation erinnerte mich auch an meine Großeltern von Seiten meiner Mutter, in Zürich. Dort hatte der Großvater stets alle Verwaltungsaufgaben erledigt. Als dieser starb, war meine Großmutter nicht mehr überlebensfähig. Einerseits hatte sie den Lebenswillen verloren, andererseits fehlte ihr das nötigste Wissen sich um ihren Haushalt zu kümmern. Ein Vormund wurde bestellt und sie starb schliesslich einsam und dement in einem Altersheim.
Die Bequemlichkeit trügt. Die Verwaltung der eigenen Finanzen ist wie ein Muskel, den man trainieren sollte.
Das Ende meiner Ehe führt nun dazu, dass ich mich eben diesem Training wieder widmen muss. Der erste Schritt dazu war, dass ich mir von meinem Privat-Bankier bei der Raiffeisen ein Internet-Konto einrichten liess, inklusive Aktivierung von SMS-TAN-Funktion. Dies geschah am 31.1.2014. Noch kein Geld am Konto zu haben verhinderte zunächst jegliche Überweiserei.
Überraschende Lieferung vom Universum
Als ich dann mal wieder übers Wochenende nach Wien fuhr kaufte ich ein Zugticket und später eine 3-Tages-Karte für die U-Bahn, bezahlt mit der Karte vom gemeinsamen Konto. Das war an einem Donnerstag. Am folgenden Samstag wollte ich beim Billa dann Einkäufe bezahlen und fand meine Maestro-Karte nicht mehr.
Natürlich liess ich die Karte sofort sperren. Die beiden Umsätze waren die letzten vor der Sperre. Der Maestro-Mitarbeiter sagte mir, dass ich angerufen würde, falls die Karte auftaucht. Für eine neue müsse ich in eine PSK-Filiale gehen und meinen Lichtbildausweis herzeigen. Die Lieferung einer neuen Bankomatkarte würde dann 10 Tage dauern.
Gleichzeitig erwartete ich aber auch den ersten Geldeingang auf meinem neuen Konto in 10 Tagen. So war es eine leichte Entscheidung keine Ersatzkarte mehr zu beantragen. Offenbar hatte ich mir diesen Schubser beim Universum bestellt und das Universum hat mir einen Grund geliefert sofort mein neues Konto zu verwenden, die neue Bankomatkarte war schon im Posteingang.
Ich bat meinen Geschäftsführer einen Teil der erwarteten Zahlung vorzuziehen. Und so folgte am Montag den 10.2.2014 das nächste historische Ereignis: der erste Geldeingang.
Umstellungen
Von meiner Finanzministerin hatte ich mir die Technik abgeschaut den ganzen Cashflow (Einnahmen und Ausgaben) in einer Numbers-Tabelle zu erfassen. So erfasste ich alle Fixkosten und aktualisierte die Beträge während ich alle meine Versicherungen kontaktiere um die Abbuchungsaufträge auf das neue Konto umzustellen.
Wenn man dann am unteren Ende der Tabelle sieht, dass einem etwas Geld übrig bleibt, dass man für schlechte Zeiten sparen kann, bekommt man ein gutes Gefühl.
Neben dem Training des finanziellen Muskels gibt es noch einen anderen wichtigen Grund für getrennte Konto, selbst in einer langfristigen Lebensgemeinschaft. Bei einem gemeinsamen Konto ist es unglaublich schwer nicht eifersüchtig zu sein, oder über Ausgaben des Partners zu meckern, wenn man diese für dumm hält.
Finanzielle Eigenständigkeit
Dies beginnt bei kleinen Dingen wie dem Kaufen von Mode, geht über Technik-Spielzeug bis hin zu teureren Hobbies wie dem Verspielen von Geld beim Pokern.
Ein gemeinsames Konto bringt daher zwar den Vorteil, dass die Laster minimiert werden. Aber es belastet die zwischenmenschliche Beziehung gewaltig, weil man sich überhaupt keinen “Blödsinn” mehr traut um kein Donnerwetter zu riskieren.
Ein anderer Nachteil ist, dass man auch keine Geschenke für den Partner kaufen kann, ohne dass dieser das spitz kriegt. Wenn ich es mir recht überlege kenne ich eigentlich kein einziges glückliches Paar mit gemeinsamen Bank-Konto.
Frauen die ich zu diesem Thema befragte haben mir bestätigt, dass sie mich als “weniger männlich” empfinden, wenn sie wissen, dass ich mich nicht um mein eigenes Geld kümmere.
Fazit
Mein Experiment hat bestätigt, was viele Paare instinktiv ahnen: die Aufgabe finanzieller Eigenständigkeit bringt zu viele langfristige Nachteile mit sich, die den Vorteil der Bequemlichkeit überwiegen.
Ich bewundere Frauen wie auch Männer die ihre Finanzen im Griff haben.
Seine Finanzen von meiner Partnerin verwaltet zu bekommen war in der Zeit der Finanzkrise für mich eine erholsame Episode, gleichsam ein Urlaub. Aber nachdem der Spuk nun vorbei ist stehe ich wieder sehr gerne auf meinen eigenen Beinen.
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